Full text: Um den Kaiser.

rechts, Empfang einer Abordnung englischer Journalisten usw. Kein 
Geringerer als Sir Edward Grey lobte öffentlich den guten ver- 
söhnlichen Geist, der während des Besuchs im Lande geherrscht 
habe, und fügte hinzu: „Die Hälfte der Schwierigkeiten für die 
Diplomatie und mehr noch als die Hälfte verschwindet, nachdem 
beide Nationen zu der Uberzeugung gelangt sind, daß keine der 
anderen übel will.“ 
Nach dem Aufenthalt in Schloß Windsor und London begab 
sich der Kaiser auf vier Wochen zur Erholung nach Highcliffe 
Castle auf der Insel Whigt. Er wird in seinem Leben nicht viel 
ruhig-angenehmere Tage verbracht haben als hier. Und doch wurden 
sie für ihn der Ausgangopunkt für die schwerste Krisis seiner Regie- 
rungozeit bis zum Kriegel 
Ehe ich davon erzähle, sind noch einige den ruhigen Gang 
der Geschäfte störende Fälle von persönlichem Regiment zu 
erwähnen. Im Februar lgos hatte der Kaiser sich bewogen ge- 
fühlt, dem englisehen Marineminister Lord Tweedmouth einen Brief 
zu schreiben, in dem er sein Verständnis für den Zweimächtestandard 
ausdrückte und den deutschen Flottenbau vor falschen Auslegungen 
zu schützen suchte. Der Brief kam durch eine grobe Indiskretion 
der „Times“ ans Licht. An und für sich kann es keinen großen 
Unterschied machen, ob ein Monarch mündlich oder schriftlich mit 
einem fremden Minister gelegentlich in Verkehr tritt. Die Königin 
Viktoria und auch König Eduard haben es oft genug getan, der 
König z. B. mit Delcassé. Der Kaiser hatte auch die Vorsicht 
gebraucht, dem König den Abgang seines Briefes an Tweedmouth 
anzuzeigen und ihn um Einsicht in das Schreiben zu bitten. 
Wenn es nicht gerade dieser Kaiser und nicht gerade dieses 
Thema Gegenstand der Betrachtungen gewesen wäre, hätte sich 
niemand über die Briefgeschichte aufgeregt. König Eduard dankte 
brieflich kurz und kühl für die Mitteilung und nannte in seiner 
Antwort die kaiserliche Kundgebung an einen englischen Minister 
„aà new departure“. Anfragen im Oberhaus kam Lord Tweed- 
mouth mit der Erklärung zuvor, daß der Kaiserbrief pri- 
vater und persönlicher Natur und sehr freundlich gehalten 
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