schwenken von der Blockmehrheit zu stürzen. Bei Caprivis Abgang
war es ähnlich.
Am 16. Juni hielt er seine letzte Rede im Reichstage. Es
war ein Rückblick auf die Blockzeit, beinahe schon ein Abschied, am
Schlusse die hypothetische Ankündigung des Rücktritts. Am 24. Juni
lehnte der Reichstag die Erbanfallsteuer in zweiter Lesung mit 195
gegen 187 Stimmen ab. Diese starke Minderheit ließ noch eine
schwache Hoffnung auf die dritte Lesung zu. In einer Aufzeichnung
über die augenblickliche Lage stand der Satz: Ich fürchte, Seine
Durchlaucht wird den Strohtod der Goten sterben statt aufrecht das
Antlitz der Sonne entgegen. Die kluge Fürstin riet, alsbald nach
Kiel zu fahren und dem Kaiser Vortrag zu halten. Da auch Loebell
der Meinung war, daß mit dem alten Block nichts mehr zu machen
und eine baldige Entscheidung über Bleiben oder Gehen besser sei
als geduldiges Zuwarten, setzte der Fürst gleich ein Telegramm an
den Kaiser auf, in dem er für den nächsten Tag um Audienz bat.
Der Kaiser ging unschwer auf den Gedanken eines Kanzlerwechsels
für den Fall ein, daß nicht etwa noch eine andere parlamentarische
Konstellation eintrete. Eine solche herbeizuführen, war kaum noch
möglich. Allenfalls konnte man daran denken, daß der Kanzler
zur Bedingung für das Eingehen auf die schwarzblauen Beschlüsse
die Beseitigung der schwankenden Matrikularbeiträge machen sollte.
Das hätte entweder den Block zwischen Rechtsparteien und dem
Zentrum gesprengt oder das Zentrum zu einem großen Zugeständnis
genötigt. Dafür war aber bei den das Ende ihrer Finanznöte herbei-
sehnenden und über das wahre Verhältnis des Kaisers zu Bülow
genügend unterrichteten Bundesregierungen der nötige Rückhalt nicht
mehr vorhanden.
Der Schlußakt der Krisis brachte nichts Neues mehr. Nach
dem Bescheide des Kaisers vom 26. Juni führte Fürst Bülow die
Geschäfte weiter, ohne wieder im Reichstag zu erscheinen. Nachdem
der Staatssekretär des Innern, Herr v. Bethmann Hollweg, der
künftige Kanzler, die Zustimmung des Bundesrats zu den Be-
schlüssen der neuen Mehrheit erklärt hatte, erhielt der vierte Kanzler
seinen Abschied. Bei der parlamentarischen Niederlage am Ende
6 Hammann, Um den Kalser 81