Full text: Um den Kaiser.

VIII. Epilog. 
„Bei der Mannigfaltigkeit und Vieldeutigkeit der Eindrücke, 
die von der Gestalt des letzten deutschen Kaisers ausstrahlen, muß 
man sich dahin bescheiden, daß es über diesen Mann einen unpartei- 
ischen Beurteilen unter den Zeitgenossen kaum geben kann. Im Glück 
hat er Schmeichler und Nachbeter genug angezogen; in seinem Un- 
glück siehen die Ankläger scharenweis gegen ihn auf. Gerechte Rich- 
ter wird er bei Lebzeiten nicht finden, und auch nach seinem Tode 
werden die Meinungen heftig hin= und herschwingen, bis das Pendel 
dem Ruhepunkt der historischen Betrachtung zustrebt. Verglichen 
mit den Stimmen der Gegenwart, kann das urteil der Geschichte 
über den Menschen wohl milder lauten, über den Herrscher wahr- 
scheinlich kühler, ruhiger, in der Sache aber noch strenger. 
Kam er schon mit einer geistigen Abweichung an die Macht? 
Mit einem Hang zur Uberhebung, zur Hybrig? Oder war er 
nicht doch nur die ins Kronprinzliche vergrößerte Form der Ein- 
bildung, wie sie jeder hochgestimmte Jüngling hegt: Die Welt 
wartet auf mich. Alle Heilande und Volksbeglücker kommen aus 
dieser Illusion. Sie fühlen nicht die eigene Unzulänglichkeit; sie 
sehen nur die unvollkommene Umwelt, die sie besser machen wollen. 
Hieraus folgt ein Bedürfnis nach widerspruchsloser Zustimmung 
für ihr eigenes Wirken. Dieses Bedürfnis isb der zunächstliegende 
Schlüssel zu dem Charakter dessen, den man zuerst im Jahr 1888, 
aber auch noch bis in dieses Jahrhundert, den jungen Kaiser genannt 
hat. Denn wie ein Merkmal dauernder Jugendlichkeit blieb die 
triebhafte Neigung zum Ausdruck seiner Stimmungen, zur Erlan- 
gung des Beifalls der Menschen an ihm haften. Er ist, lange be- 
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