Full text: Um den Kaiser.

Im Zusammenhang mit den prophetischen Befürchtungen des 
Kaisers Friedrich sei ein anderes Beispiel von voreiliger Überhebung 
erwähnt, über das sich vielleicht noch Uberlebende des Bismarckschen 
Kreises äußern können. Hugo Jacobi, der Freund des Hauses in 
Friedrichsruh, erzählte mir nicht lange vor seinem Tode: Fürst Her- 
bert Bismarck habe ihm gegenüber den Ursprung der Entfremdung 
zwischen seinem Vater und Kaiser Wilhelm II. in folgende beide 
Vorkommnisse verlegt: Nach der brieflichen Warnung des Altreichs- 
kanzlers an den damaligen Prinzen Wilhelm vor zu enger Verbin- 
dung mit den Parteibestrebungen Waldersees und Stöckers (Winter 
1887/88) habe der Prinz das Verhältnis zu den beiden erklärt und 
dazu bemerkt, er erwarte, daß man nun falschen Gerüchten über 
seinen Anteil an den sog. Walderseeversammlungen entgegentrete, und 
wehe seinen Gegnern, wenn er zur Macht gelange! Ferner habe 
der Prinz in jenem Winter dem Fürsten Bismarck eine Art Prokla- 
mation geschickt, die bei den preußischen Gesandtschaften binterlegt 
und am Tage seiner Thronbesteigung den deutschen Fürsien aus- 
gehändigt werden sollte. Bismarck habe hierauf unter Hinweis auf 
mögliche Indiskretionen und besonders darauf, daß noch zwei vor 
dem Prinzen Thronberechtigte am Leben seien, um Jurücknahme 
des Schriftstückes gebeten. Diese beiden Vermahnungen habe der 
junge Prinz bitter empfunden. 
Ob die eigentümliche Erscheinung eines Stillstandes auf einer 
jugendlichen Entwicklungsstufe und die unbeirrbare Beharrlichkeit 
in dem Glauben, ein Werkzeug der Vorsehung zum Heil seines Volkes 
und der Menschheit zu sein, von Kindheit an im Keime vorhanden 
gewesen oder durch Krankheit erworben ist, wird niemand entschei- 
den können. Natürliche Vorsicht verbietet einem Laien, selbst gut 
beglaubigte Anomalien im Befinden des Kaisers für beweiskräftig zu 
nehmen. E. bleibe deshalb auch alles beiseite, was in der Caprioizeit 
und in den ersten Jahren der Kanzlerschaft des Fürsten Hohenlohe in 
  
des Vaters über hoffnungelos mangelnde Reife des Sohnes, jedoch unvoll- 
kommen beglaubigt, siehe bei Dr. Paul Tesdorph: Die Krankheit Wilhelms II.. 
S. 27—29. 
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