&K. Th. von Eheberg, Die Reichsstenergesetze von 1918. 107
Abbröckelung der Steuern, mit denen sie belastet sind, als zu einer Häufung führen, so dass diese
Darstellung mit einem Ausblick schliessen darf, der die kleinsten Einkommen in einem
absehbaren Zeitpunkt mit kaum viel mehr als 10—12%, zu den gesamten Steuern genommen
und bei Belastung der grössten Einkommen mit 20 Prozent die Steuergerechtigkeit auch nach
modernstem Empfinden ausreichend realisiert sieht. Die Kräfte sind seit längerer Zeit am Werke,
die diesen Ausblick noch im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts zur Wirklichkeit machen dürften!
39. Abschnitt.
Die Reichssteuergesetze von 1913.
Vom
Geheimen Rat Dr. Karl Th. Ritter von Eheberg,
o. Professor der Staatswissenschaften an der Universität Erlangen.
Das Frühjshr 1913 brachte dem deutschen Volke eine gewaltige Überraschung. Unter Hin-
weis auf die langgestreckten, unter Umständen gegen mehrere Feinde zu schützenden Grenzen
und auf die Verschiebung der europäischen Machtverhältnisse infolge der Vorgänge auf dem Balkan
forderte die Reichsregierung eine Verstärkung der Truppen und der Kriegsmittel, wie sie niemals bis-
her gefordert worden war. Rund 117 000 Gefreite und Gemeine, 15000 Unteroffiziere, 4000 Offiziere,
27000 Pferde wurden neu verlangt; die Friedenspräsenzstärke sollte von 544211 auf 661176 Mann
erhöht, also nach dem heutigen Stande der Bevölkerung ausgebaut werden. 63000 Rekruten sollten
jährlich mehr als bisher eingestellt werden; 18 Regimenter sollte die noch fehlenden dritten Ba-
taillone, die 18 Jägerbataillone sollten Radfahrer- und Maschinengewehrkompagnien erhalten;
6 neue Kavallerie-Regimenter, eine Anzahl neuer Eskadrons, 3 neue Artillerieregimenter, Spezial-
truppen und anderes mehr war vorgesehen. Dazu kam die Beschaffung von Kriegsmaterial, der
Ausbau der Festungen und der Luftflotte, die Errichtung einer neuen Kriegsschule, zweier neuer
Unteroffiziervorschulen, Vergrösserung der Kadettenschulen, Erhöhung derDienstprämien für Unter-
offiziere, Vermehrung des Beamtenpersonals, Verbesserung der Verpflegung. Die Forderungen
sind mit ganz unwesentlichen Änderungen auch vom Reichstag und zwar mit erheblicher Mehr-
heit bewilligt worden.
Ausserordentlich wie die Grösse der Wehrvorlage war auch die Summe der zu ihrer finanziellen
Deckung erforderlichen Mittel. Die einmaligen Kosten belaufen sich auf 898 Mill. Mk., von
denen im ersten Jahre (1913/14) 435, im zweiten 285, im dritten 178 Mill. Mk. erforderlich werden.
Dazu kommen noch 15 Mill. Mk. für die Schaffung eines Silberschatzes von 120 Mill. Mk., der wie
der Kriegsschatz im Juliusturm für Zwecke der Mobilmachung Verwendung finden soll. An dau-
ernden Mehrausgaben erwachsen im ersten Jahre 54, im zweiten 153, im dritten und in den
folgenden Jahren 186 Mill. Mk.
Während die Wehrvorlage selbst im wesentlichen nach den Anträgen der Reichsregierung
bewilligt wurde, ergaben sich bezüglich ihrer finanziellen Deckung mancherlei Meinungsverschieden-