Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

262 Georg Eger, Eisenbahnwesen. 
  
Bayern: Seydel, Bayr. Staatsrecht S. 534 ff. 
Württemberg: Göz, Das Staaterecht des Kgr. W. S. 436 ff. 
Sachsen: v. d. Mosel, Handbuch d. s. Verwaltungsrechtes S. 169 ff. 
Baden: Affolter, System des b. Verwaltungsrechtes S, 110 ff. 
Elsass-Lothringen: Röll, Enzykl. DI S. 1406 ff. 
Mecklenburg-Schwerin: Stegemann, Meckl. Eisenbahnverhältnisse. 
Eisenbahnvölkerrecht:Meili, Die internat. Unionen über das Recht der Verkehrsanstalten. 
g ' a f m ann, Die mitteleuropäischen Eisenbahnen und d. internationale ö. Recht; von Liszt, Völkerrecht 
I. Einleitung. 
$1. Fast Alleinherrscher auf dem Gebiete des Personenverkehrs, von gewaltiger Bedeutung 
auf dem Gebiete der Güterbeförderung haben die Eisenbahnen den gewichtigsten Anteil an der 
beispiellosen Entwicklung des Weltverkehrs seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Selbst Förderer 
der Industrie und damit auch ein Faktor in der Entwicklung der modernen Technik hat diese 
wiederum belebend und befruchtend auf das Eisenbahnwesen eingewirkt. Indem den Eisenbahnen 
alle Erfindungen auf technischemGebiete (vornehmlich die elektrische Kraft) sowohl, was die Schnel- 
ligkeit wie die Betriebssicherheit betrifft, dienstbar gemacht wurden, sind sie zu einer Stufe der 
Entwicklung gebracht, die sie trotz aller früher nicht geahnten Erfindungen für den Massen- 
Personenverkehr ebenso wie den eiligeren Güterverkehr menschlicher Voraussicht nach niemals 
entbehrlich und ersetzbar erscheinen lässt. Nach der Reichsstatistik wurden im Jahre 1912 auf 
Eisenbahnen im deutschen Reich an Gütern befördert: im Inlandverkehr 366 604 000 Tonnen, 
nach dem Ausland versandt 37 558 000 Tonnen, empfangen vom Ausland 22 335 000 Tonnen und 
durchgeführt 93 900 Tonnen. Die Zahl der beförderten Personen betrug 1643 Millionen (gegen 
891 Millionen im Jahre 1902!). Auch gegenüber den Wasserstrassen, die für Massentransporte, 
bei denen es auf Schnelligkeit nicht ankommt, bisher noch in erster Linie stehen, hat der Bahn- 
transport wegen seiner sonstigen Vorzüge (Ersparung des Umladens, direkte Verfrachtung u. a.) die 
erheblichste Bedeutung. Ist die Eisenbahn mit ihrem die ganze bewohnte Erde in immer grösserer 
Ausdehnung umspannenden Schienennetz ein völkerverbindendes Element und den Frieden 
fördernder und unterhaltender Faktor in den Beziehungen der Völker, so ist sie andererseits eines 
der bedeutsamsten Kriegsinstrumente. Ein im Kriegsfalle versagender Eisenbahnbetrieb macht den 
betroffenen Staat wehrlos. Die Möglichkeit eines Sieges ist verloren, wenn mangelhafte Beför- 
derungsmöglichkeiten dem Staat den schon an sich unendlich schwierigen Aufmarsch moderner 
Millionenheere erschweren. Zu allen diesen den Lebensinteressen des modernen Staates und seiner 
Bewohner in erheblichstem Masse dienenden Eigenschaften der Eisenbahn kommt noch, dass die 
Konkurrenzlosigkeit dieses wichtigsten Verkehrsmittels die Eisenbahn — richtig verwaltet — zu der 
bedeutsamsten Erwerbsquelle und damit zu einer der wichtigsten Stützen der Staatsfinanzen zu 
machen geeignet ist. Die allmähliche Entwicklung der Bahnen aus privatwirtschaftlichen Betrieben 
zu Staatsbetrieben, ist daher verständlich und die Folgerung aus der Erkenntnis der überwiegenden 
öffentlichen Bedeutung der Eisenbahnen. Allerdings ist der Grundsatz, dass das Eisenbahnwesen 
zu den Angelegenheiten des Staates aus Gründen des öffentlichen Wohls gehöre, weder alsbald nach 
Entstehung der Eisenbahnen noch überall und völlig zur Herrschaft gelangt. Ursprünglich wurde 
in Deutschland ebenso wie auch in dem für den technischen Betrieb der Eisenbahnen vorbildlichen 
England und den Vereinigten Staaten von Amerika das Eisenbahnwesen ausschliesslich der Privat- 
wirtschaft überlassen. Während aber in den beiden genannten Ländern auch gegenwärtig noch der 
Grundsatz des privatwirtschaftlichen Eisenbahnbetriebes herrschend ist, ist Deutschland über- 
wiegend zum Staatsbahnbetriebes übergegangen. Diese Entwicklung setzte in der Hauptsache 
nach dem Kriege von 1870/71 ein, während vorher nur einige Mittelstaaten im Anschluss an das im 
Belgien herrschende Staatsbahnprinzip zu der Erkenntnis gelangt waren, dass Bau und Betrieb der 
Bahnen Aufgabe des Staates sei. Das Bedürfnis nach grösserer Einheitlichkeit im Eisenbahnwesen 
machte sich geltend. Es fand seinen Ausdruck zunächst in den Vorschriften der Reichsverfassung 
besonders in den Art. 4, 8, 41 bis 47, von denen Art. 427 die wichtigsten Grundsätze enthält: 
Die Bundesregierungen verpflichten sich, die deutschen Eisenbahnen im Interesse des allgemeinen 
Verkehrs wie ein einheitliches Netz verwalten und zu diesem Behuf auch die neu herzustellenden 
Bahnen nach einheitlichen Normen anlegen und uusrüsten zu lassen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.