Bernhard Huldermann, Seeschiffahrt. 295
Gewerbe vorzubeugen, aber die Statistik ergibt, dass die Schiffahrt längst nicht mehr zu den
gefährlichsten Gewerben gehört.
Auf die Reglementierung beschränkt sich die Einflussnahme des Staates nicht, sie äussert
sich auch in anderer Weise, nämlich wirtschaftlich fördernd. Allerdings in den ein-
zelnen Staaten in sehr verschiedener Weise. Einige Staaten, z. B. Frankreich, Russland, die Ver-
einigten Staaten, Japan, behalten die Küstenschiffahrt und die Schiffahrt nach den Kolonien der
eigenen Flagge vor, wobei sie, wie wir gesehen haben, teilweise noch die Erwerbung des Rechts zur
Führung dieser Flagge besonders erschweren. Deutschland, England und die skandinavischen
Länder kennen eine solehe Beschränkung nicht, die als ein Ausfluss des Protektionismus zu be-
trachten ist, und bezweckt, den eigenen Handel der nationalen Flagge zuzuführen. Diese Mass-
nahme schafft Monopole und ist darum vielfach ein Hindernis und keine Förderung des Seehandels.
Sie schafft namentlich dann Monopole, wenn sie, wie besonders in Frankreich, mit einem weit-
greifenden Subventionssystem Hand in Hand geht.
Bei diesem hat man zwei verschiedene Arten, die auf verschiedenen Erwägungen beruhen,
zu unterscheiden. Ausgehend von der Erwägung, dass das ganze Gewerbe als solches nicht genügend
lohnend und konkurrenzfähig ist, um von selbst private Unternehmer heranzuziehen, bewilligen
einzelne Staaten Prämien für die Betätigung in diesem Gewerbe überhaupt. Andere Staaten
wünschen nur die Errichtung bestimmter Schiffahrtslinien zu ermöglichen, und bewilligen zu diesem
Zweck besondere Unterstützungen, sog. Postdampfer-Subventionen. Während
die Prämien nahezu bedingungslos, nur für die Betätigung im Gewerbe überhaupt, gegeben
werden, sind die Subventionen an bestimmte Bedingungen geknüpft. Es wird ausser der regel-
mässigen Beförderung der Post die genaue Einhaltung festgelegter Fahrpläne verlangt, die Ein-
stellung von Schiffen von bestimmter Geschwindigkeit, eventuell auch bestimmter Grösse und
Einrichtung, unter Umständen auch die Beförderung der heimischen Industrie durch entsprechende
Bemessung der Frachten. Häufig werden auch beide Systeme zusammen angewandt. Genauere
Angaben, deren Wiedergabe hier der Raum nicht gestattet, finden sich in den oben angeführten
Schriften. Ich zitiere hier nur aus meiner 1909 veröffentlichten Schrift „Die Subventionen usw.“
das folgende. (Die Angaben sind in der unter I zitierten Schrift „Seeschiffahrt und Welthandel“
für spätere Jahre ergänzt).
Es betrugen damals: Handelsflotte Subventionen per
Br. Reg. Tons insgesamt Br. Reg. Ton
M M
in Grossbritannien 17 378 000 34 000 000 1,95
Österreich-Ungarn 750 000 20 000 000 26,70
Frankreich 1 894 000 53 000 000 28,00
Deutschland 4 267 000 8 000 000 1,85
Italien 1 320 000 16 000 000 12,10
Japan 1 153 000 28 500 000 24,70
Russland 972 000 11 000 000 11,30
Spanien 710 000 15 500 000 21,85
Die Tabelle zeigt auf den ersten Blick, dass in den beiden Ländern mit der am meisten ent-
wickelten Handelsflotte, England und Deutschland, die Subventionen am kleinsten sind, und sie
beweist damit, dass die staatliche Unterstützung allein durchaus nicht
genügt, eine lebenskräftige Schiffahrt zu erwecken. Das letztere wird
auch bewiesen durch die Erfahrung, dass die Subventionen die Tendenz haben, ständig zuzunehmen;
sie tragen nicht dazu bei, den Subventionsempfänger allmählich auf die eigenen Füsse zu stellen,
im Gegenteil, sie machen ihn immer unselbständiger. Er gewöhnt sich daran, seinen Betrieb Be-
dingungen anzupassen, die nicht auf normaler Grundlage ruhen, und das macht die Rückkehr’ zu
natürlichen Verhältnissen schliesslich unmöglich. So wird die Subvention zu einer Schraube ohne