330 James Breit, Notenbanken.
in verschiedenem Umfange — unter staatlicher Kontrolle. Nach dem bestehenden Rechtszustande
waren die Staaten in der Lage, trotz der prinzipiellen Bankfreiheit die Ausgabe der Noten an Be-
dingungen zu knüpfen und ihre Innehaltung zu überwachen. In Preussen insbesondere war die
Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den Inhaber an staatliche Genehmigung geknüpft. Das
gleiche war in den meisten übrigen deutschen Staaten der Fall. Weiter kam hinzu, dass sich für den
Betrieb einer Zettelbank von den privatrechtlichen Gesellschaftsformen nur die Rechtsform der
Aktiengesellschaft eignete: Zettelbanken, die als offene Handelsgesellschaften
oder reine Kommanditgesellschaften gegründet worden wären, existierten daher in
Deutschland nicht. Zur Errichtung einer Aktiengesellschaft war nun aber bis zum Jahre
1870 ganz allgemein diestaatlicheGenehmigungerforderlich. So war allerdings mittel-
bar der Einfluss des Staates auf die Errichtung und den Betrieb der Zettelbanken gesichert. Die
staatliche Kontrolle wurde um so schärfer gehandhabt, als der Staat in den Banknoten einen un-
liebsamen Konkurrenten seines Papiergeldes erblickte. Ausserdem bot die Notwendigkeit der staat-
lichen Genehmigung den kleineren Staaten die Möglichkeit, als Vorbedingung der Konzession
finanzielle Vorteile für die Regierung zu fordern.
Immerhin hat das Erfordernis der staatlichen Konzession das deutsche Zettel-
bankwesen im grossen und ganzen auf eine gesunde kommerzielle Basis gestellt. Es muss her-
vorgehoben werden, dass keine der deutschen Zettelbanken in den damaligen Zeiten schwerer poli-
tischer und wirtschaftlicher Krisis zusammengebrochen ist. —
An der Spitze der deutschen Zettelbanken stand die Preussische Bank mit einem
Grundkapital von 60 Millionen Mark. Durch ihre enge Verbindung mit dem preussischen Staate
nahm sie eine besondere Stellung unter allen übrigen Notenbanken ein. Ihre Grundlage bil-
dete die Bankordnung vom 5. Oktober 1846.
Die übrigen 32 Notenbanken wiesen in ihrem rechtlichen Aufbau, der Höhe ihres Kapitals,
dem sächlichen Geschäftskreise, der Höhe des Notenumlaufs, der Stückelung der Noten und der
Deckung die denkbar grösste Verschiedenheit auf.
2. Die Regelung des Banknotenwesens war neben der Ordnung des Münzwesens von vorn-
herein als eine der dringendsten Aufgaben des Norddeutschen Bundes anerkannt worden. Infolge-
dessen wurden in $ 4 No. 3 R.V. der Beaufsichtigung des Reichs und seiner Gesetzgebung
„die Ordnung des Mass-, Münz- und Gewichtssystems, nebst Feststellung der Grund-
sätze über die Emission von fundiertem und unfundiertem Papiergelde‘, und in No. 4:
„die allgemeinen Bestimmungen über das Bankwesen‘ unterstellt.
Unter dem Bankwesen war hierbei nach dem damaligen Sprachgebrauche nur an das
Notenbankwesen gedacht.
Zunächst erging als Vorläufer des kommenden Bankgesetzes das sogenannteBanknoten-
sperrgesetz vom 27. März 1870. Danach konnte vom Tage der Publikation dieses Gesetzes
an — dem 29. März 1870 — das Notenemissionsrecht nur durch Bundesgesetz erworben
werden. Der Konzession neuer Notenbanken durch die Landesregierungen war damit ein Riegel
vorgeschoben.
Da die Landesgesetzvorlage länger, als vorauszusehen war, sich verzögerte, so wurde das
Banknotensperrgesetz mehrfach, zuletzt bis zum 31. Dezember 1875 verlängert.
Inzwischen hatte die Regierung den Entwurf cinesBankgesetzes dem Reichs-
tage vorgelegt. Die Errichtung einer Zentrainutenbank war in dem Entwurfe noch nicht vorgesehen.
Erst in der Reichstagskommission wurde die Gründung der Reichsbank beschlossen (Bamberger!)
Regierung und Plenum stimmten zu. Das Gesetz wurde unter dem 15. März 1875 vom Kaiser voll-
zogen und unter dem für die heutige Zeit irreführenden Titel „Bankgesetz“ am 18. März 1875
R.G.Bl. 177 ff veröffentlicht. Die richtige Bezeichnung wäre Notenbankgesetz gewesen.
Nachdem noch am 24. Mai 1875 das Statut der Reichsbank publiziert war, hatte
die deutsche Notenbankgesetzgebung ihren vorläufigen Abschluss erlangt.