Janıes Breit, Börsen und Börsengesetzgebung. 349
Börsenterminschuld zur Aufrechnung zu bringen ($ 56). Die im Einverständnis mit dem
anderen Teil bewirkte Vollziehung der Leistung heilt die Unverbindlichkeit (57). Für die
erlaubten Termingeschäfte, in solchen Waren oder Wertpapieren, die am Terminhandel an
einer Börse zugelassen sind (offizielle Termingeschäft), besteht noch die Sonderheit, dass
bei ihnen der sogen. Differenzeinwand ausgeschlossen ist.
Ein verbotenes Börsentermingeschäft ist nichtig. Aber auch hier bestehen
hinsichtlich des Rückforderungsrechtes einer vollzogenen Leistung Abweichungen von den
allgemeinen Grundsätzen: handelt es sich um ein verbotenes Börsentermingeschäft in
Getreide und Müllereierzeugnissen, so ist das Recht der Rückforderung auf zwei
Jahre beschränkt, sofern nicht vorher der Rückfordernde dem Rückforderungsschuldner
den Willen der Rückforderung schriftlich mitgeteilt hat. Bei allen anderen verbotenen
Börsentermingeschäften ist die Rückforderung einer einmal vollzogenen Leistung überhaupt
ausgeschlossen.
Nicht als verbotene Börsentermingeschäfte gelten handelsrechtliche Lieferungsgeschäfte
in Getreide und Erzeugnissen der Getreidemüllerei, wenn der Abschluss nach den vom
Bundesrat genehmigten Geschäftsbedingungen erfolgt und als Kontrahenten nur beteiligt sind
1. Erzeuger oder Vorarbeiter von Waren derselben Art, wie die, welche den Gegenstand
des Geschäftes bilden oder 2. solche Kaufleute oder eingetragene Genossenschaften, zu deren
Geschäftsbetrieb der Ankauf, Verkauf oder die Beleihung von Getreide oder Erzeugnissen
der Getreidemüllerei gehört ($ 67).
Der vorsätzliche Abschluss eines verbotenen Getreidetermingeschäftes wird mit einer
Ordnungsstrafe bis zu 10000 Mk. bestraft. Für die Verhandlung und Entscheidung über
die Festsetzung der Ordnungsstrafe sind durch die Landesregierung bei den Börsen
Kommissionen zu bilden. Die nähere Regelung dieses eigentümlichen Ordnungsstrafverfahrens
findet sich im fünften Abschnitt des Börsengesetes. Der sechste Abschnitt endlich enthält
ziemlich scharfe Strafbedingungen, die die Innehaltung der Vorschriften des Börsengesetzes
zu sichern bestimmt sind.
VI. Ergebnis. Dass die gegenwärtige Regelung des deutschen Börsenwesens einen
ausserordentlichen Fortschritt gegenüber dem Recht des alten Börsengesetzes bedeutet, ist
gewiss nicht zu verkennen. Es ist auch ohne weiteres zuzugeben, dass die Entfaltung des
legitimen Börsenhandels durch die Vorschriften des neuen Gesetzes nicht gehindert wird.
Immerhin haften im Gesetze noch einige sehr erhebliche Mängeleien. Der wesentlichste
Mangel ist wohl die Beschränkung des Ausschlusses des Differenzeinwandes auf offizielle
Börsentermingeschäfte. Es ist schlechterdings nicht einzusehen, warum dieses Privileg nur
der offizielle Handel, nicht aber auch der sonstige erlaubte Börsenterminhandel geniessen
soll. Ueberhaupt sollte, nachdem die börsenunkundigen Kreise durch die Vorschriften über
die Termingeschäftsfähigkeit genügend vor den Gefahren der Börsenspekulation gesichert
sind, das Institut des Differenzgeschüftes aus dem deutschen Rechtssystem ausgemerzt werden.
Auf der anderen Seite geht das Gesetz über den Sicherungszweck weit hinaus, wenn
es auch Bankiers die Erhebung des Termingeschäftseinwandes gestattet, sofern den
Gegenkontrahenten die Termingeschäftsfähigkeit fehlt. Diejenige Partei, die termingeschäfts-
fähig ist, sollte an das Geschäft auch gebunden sein. Das sog. Buketshopunwesen wird
turch die verfehlte gesetzliche Regelung geradezu gezüchtet.