Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

Wilhelm Lesis, Währung. 351 
  
belgischen und sardinischen Silbermünzen des Frankensystems und seit 1860 auch dessen Gold- 
münzen als vollgültige Zahlungsmittel zugelassen, und diese Münzen bildeten sogar die Hauptmasse 
der Umlaufsmittel, da die Schweiz selbst damals nur sehr wenig prägte. Es war dies nach der 
Bezeichnung von Knapp ein System des ‚„‚Synchartismus“ und zwareineseinseitigen, demerst 
1865 ein vertragsmässiger folgte. 
Ein streng einheitliches eigenes Währungsgeld war bis zum Anfang des neunzehnten Jahr- 
hunderts eigentlich nirgendwo zu finden. Es fehlte nicht an Gesetzen über die Regelung der 
Zahlungskraft der Münzen, aber die seit der Geldreform Karls des Grossen kontinuierlich fort- 
schreitende Münzverschlechterung führte Zustände herbei, die den Verkehr zur Selbsthilfe zwangen, 
es gab tatsächlich keine Geldarten mit praktisch wirksamer unbeschränkter Zahlungskraft, sondern 
die Verträge wurden auf bestimmte Geldsorten abgeschlossen, und diese hatten dann also nicht 
eine gesetzliche, sondern eine vertragsmässige Zahlungskraft. Die Gesetzgebung trat allerdings 
vielfach dieser Geschäftspraxis entgegen; namentlich wurde im späteren, Mittelalter in Frankreich 
durch zahlreiche königliche Ordonanzen verboten, Verträge auf bestimmte Gold- oder grobe Silber- 
münzen abzuschliessen, sondern es sollten alle Verträge nur auf Livres und Sols lauten, also auf 
Rechnungseinheiten, die durch bestimmte Zahlen der kursierenden schlechten Münzen darzustellen 
waren. Aber diese Verbote blieben wirkungslos, und es bestanden tatsächlich im Verkehr mehrere 
Zahlungssysteme nebeneinander. Im Grosshandel herrschte im 14. Jahrhundert das Gold vor, 
aber wieder in verschiedenen ausbedungenen Sorten oder auch in einer blossen Rechnungseinheit, 
dem Scutus Marcarum, die durch Münzen aus bestimmten zuverlässigen Prägestätten dargestellt 
wurde. Seit dem 16. Jahrhundert überwogen die groben Silbermünzen, so in Deutschland die 
Speziestaler, nach denen z. B. die Hamburger Bank ihre Konten führte, bis sie 1773 zum Barren- 
system überging. Im Kleinverkehr aber bildeten die schlechten kleinen Silbermünzen das Umlaufs- 
mittel, die bestimmte Teilstücke der Hauptmünzen sein sollten, sich aber als solche nicht behaupten 
konnten, da die groben Münzen ihnen gegenüber ein mehr oder weniger hohes Agio erhielten. 
Man pflegt diese Geldverfassung als Parallelwährung zu bezeichnen, obwohl es bei ihr 
ein allgemein gültiges Währungsgeld gar nicht gab. Sie erhielt allmählich auch gesetzliche An- 
erkennung, so schon in der Reichsmünzordnung von 1559, und in einem Erlass Friedrichs d. Gr. 
vom 12. Januar 1762 wird es ausdrücklich als eine auf selbstverständliche Billigkeit begründete 
Rechtslehre erklärt, dass Darlehen in eben der Münzsorte, in der sie gegeben worden, auch zurück- 
gezahlt würden. Man kann dieses System mit Helfferich auch als das des Sortengeldes be- 
zeichnen. 
Praktische Bedeutung hat die Währungsfrage in dem oben bezeichneten Sinne erst seit der 
Einführung des Frankensystems erlangt. Von alters her waren Gold- und Silbermünzen in Ge- 
brauch, aber sie waren nach dem eben Gesagten Sortengeld, nicht im heutigen Sinne Währungsgeld. 
Als die Parallelwährung genau geregelt war, bestand sie aus vollwertigen Gold- und Silbermünzen, 
die nicht in einem gesetzlich festgestellten Wertverhältnis zu einander standen; und die einen wie 
die anderen waren entweder vertragsmässig oder nach dem Verkehrsgebrauch oder auch nach ge- 
setzlicher Vorschrift nur für bestimmte Zahlungen verwendbar. So war der preussische Friedrichdor 
nach den Edikten von 1750 und 1764 gleich fünf Talern Gold gesetzt und hatte von Anfang an 
gegenüber den Kuranttalern in Silber ein beträchtliches und im ganzen steigendes Agio. Ein Teil 
der Domainenpachtgelder, der Verkaufspreise für Holz aus den Staatsforsten, der Akziseabgaben 
und Zölle musste in Gold bezahlt werden, andererseits aber erhielten die Offiziere vom Hauptmann 
an und die höhern Zivilbeamten auch ein Fünftel ihrer Gehälter in Gold. Im Privatverkehr war 
namentlich für Pachten und Mieten, Pferdekäufe und Honorare Goldzshlung üblich. Selbst das 
Münzgesetz vom 30. September 1821 stellte noch kein festes Wertverhältnis für Gold und Silber auf, 
und erst eine Kabinettsordre vom 21. November 1831 bestimmte, dass bei Zahlungen, die in Silber 
bei den Staatskassen zu leisten seien, der Friedrichdor zu dem (ungünstigen) festen Kurs von 52/, Tir. 
angenommen werden solle. Auch die Goldzahlungen konnten jetzt durch Silber mit Aufgeld ersetzt 
werden, kamen aber allmählich ab, da nur noch wenig Friedrichsdor im Umlauf waren. Erst 1848 
wurde die teilweise Zahlung der Gehälter in Gold aufgehoben. In Hannover blieb die Parallelwährung 
mit Pistolen zu 5 Tir. Gold, später auch mit Goldkronen von 1857 und Silberkuranttalern noch
	        
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