352 Wilhelm Lexis, Währung.
längere Zeit bestehen. Sie entsprach eigentlich dem Ideal mancher Theoretiker, wie Garnier
in Frankreich und Grote in Deutschland, die meinten, man müsse es jedem überlassen, zu
entscheiden, ob er Gold- oder Silbermünzen haben wolle. Noch im Jahre 1883 wurde dieses System
von A. Eggers als Duometallismus im Gegensatz zum Bimetallismus empfohlen. Dass es schon allein
durch die dabei nötige doppelte Rechnungsführung bei der heutigen Ausdehnung des Verkehrs
praktisch unhaltbar wäre, bedarf keines weiteren Nachweises.
Staatliche Taıifierungen der Goldmünzen gegen die Silbermünzen kamen schon früher
häufig vor, sie blieben aber wirkungslos, zumal dabei die Absicht mit im Spiel war, die Silbermünzen
über ihren inneren Wert zu erhöhen. Eine eigentliche Doppelwährung wurde zuerst durch
das amerikanische Gesetz vom 2. Apıil 1792 eingeführt. Dieses setzt für Gold und Silber ein Wert-
verhältnis von 15 : 1 fest, erklärte die hiernach geprägten Gold- und Sijlbermünzen für unbeschränkte
gesetzliche Zahlungsmittel und bestimmte ferner, dass jedermann Gold und Silber in beliebiger
Quantität in dieMünzanstalten bringen könne und dieses Metall in möglichst kurzer Zeit in geprägtem
Zustand zurückerhalten werde, dass er dafür aber auch sofort fertige Münzen mit Abzug von einem
halben Prozent Zinsvergütung erhalten könne. Diese drei Merkmale, das gesetzliche Wertverhältnis,
die unbeschränkte Zahlungskraft der beiden Münzarten nach diesem Verhältnis und die freie Prägung
beider Metalle für jedermann, unentgeltlich oder gegen eine nur die Kosten deckende Gebühr, sind
für die Doppelwährung charakteristisch. Dieses amerikanische Gesetz hatte indes nur geringe
praktische Bedeutung, da nur wenig Münzen geprägt wurden und das kommerzielle Verhältnis
der beiden Edelmetalle sich in den nächsten Jahren zugunsten des Goldes merklich verschob.
Weit wichtiger war die durch das Gesetz vom 7. Germinal des Jahres XI (28. März 1803) geschaffene
französiche Doppelwährung. Ihre Basis, der Frank, war ursprünglich im Jahre 1795 als Silberwert-
einheit (5 Gramm zu %0], .,0 Feinheit) eingeführt worden und Goldmünzen sollten damals nur als
Handelsmünzen geprägt werden. Das neue Gesetz aber verordnet die Prägung von Goldmünzen zu
20 und 40 Franks nach dem Wertverhältnis 151% : 1 mit unbeschränkter Zahlungskraft. Dieses
Wertverhältnis war schon der 1785 von Calonne durchgeführten Umprägung der Goldmünzen zu-
grunde gelegt worden, eine rein fiskalischen Massregel, die nur den Zweck hatte, aus 30 alten Louis-
dor 32 neue zu machen. Im Jahre 1803 aber entsprach das Verhältnis 1514 : 1 infolge der Wert-
steigerung des Goldes dem auf dem Barrenmarkt geltenden, und die neue Doppelwährung trat daher
unter günstigen Bedingungen in Kraft. Die Prägung beider Metalle für Privatrechnung war unbe-
schränkt, jedoch wurde eine Gebühr erhoben, die anfangs namentlich für das Silber ziemlich hoch
war und später herabgesetzt wurde, jedoch niemals den Charakter eines fiskalischen Schlagschatzes
hatte. Dieses französische Doppelwährungssystem hat sich ohne Zweifel mit grossem Erfolge
siebzig Jahre lang behauptet, trotzdem die Produktionsverhältnisse der beiden Edelmetalle in dieser
Zeit ungewöhnlich grosse Verschiebungen erfuhren. Das Marktverhältnis von Gold und Silber
zeigte zwar Abweichungen von dem französischen gesetzlichen Verhältnis, aber diese blieben doch
sehr klein im Vergleich mit den seit 1873 eingetretenen. Es kam dies unzweifelhaft daher, dass die
französische Doppelwährung selbst eine entschiedene Wirkung dahin ausübte, dass der Preis des
Silbers gegen Gold und somit das kommerzielle Wertverhältnis der beiden Metalle von dem in
Frankreich offiziell geltenden sich nicht weit entfernen konnte. Frankreich hatte immer eine
günstige Zahlungsbilanz und daher auch immer einen grossen Bestand an Edelmetallgeld. Stand
nun der Silberpreis in London niedriger, als dem französischen Wertverhältnis entsprach, so wurde
nur Silber zu der Saldozahlung an Frankreich verwandt, stand er höher, so floss fast ausschliesslich
Gold dorthin ab. Ausserdem aber konnte das jeweilig in London im Werte steigende Metall in
Frankreich gegen das sinkende eingetauscht werden, dies jedoch nicht ohne weiteres, sondern nur
gegen eine hauptsächlich der Bank von Frankreich zugute kommende Prämie. Denn die Doppel-
währung bedeutet nicht, dass man nach Belieben von dem Schuldner Gold- oder Silbergeld fordern
kann, sondern dass der Schuldner berechtigt ist, nach seiner Wahl in dem einen oder dem anderen
Gelde zu zahlen. Die Bank löste also ihre Noten immer in dem billigeren Metall ein und gab das
andere nur gegen besondere Vergütung ab. Frankreich hatte im Anfang des 19. Jahrhunderts
einen grossen Vorrat an Goldmünzen, und noch bis 1820 überwog die Goldprägung die Silberprägung,
dann aber trat ein Umschwung ein, und in den dreissiger Jahren finden wir eine grosse Anschwellung