Full text: Handbuch der Politik. Zweiter Band. (2)

Julius Wolf, Die öffentlichen Abgaben in Deutschland. 89 
  
Die Kraftfahrzeugsteuer beträgt für Krafträder 10 M., für Kraftwagen steigt sie progressiv 
mit der Zahl der Pferdekräfte, Wagen von 6 Pferdekräften haben z. B. 25 M., solche von 30 Pferde- 
kräften nicht (jenem Satz entsprechend) 125, sondern 450 M. Steuer zu entrichten; der Ertrag der 
Steuer war im Rechnungsjabre 1912 4.2 Millionen Mark. 
Der Reichsversicherungsstempel ist den Deckungsvorlagen von 1913 zu danken. Er ist 
für die Mobiliarfeuerversicherung mit !5/,49, für die I feuer mit !/,, vom 
Tausend der Versicherungssumme eingeführt, für die Einbruchsdiebstahl- und Glasversicherung 
beträgt er 10 vom Hundert der Prämie, bei der Transportversicherung %, und 1 vom Hundert 
derselben, endlich bei der Lebensversicherung 14 vom Hundert. Versicherungen bis zu 3000 M. 
Versicherungssumme sind dabei von der Steuer frei. 
Die letztgenannten Steuern sind Steuern mit Zwittercharakter, d.h. teils Konsum- 
steuern, teils Steuern (Geschäftsreisende! Geschäftsautomobile! Versicherung der Produktions- 
stätten! Transportversicherung!) von einem Aufwand, der einen Bestandteil der Geschäfts- 
unkosten bildet und insofern kein Verbrauch aus dem Einkommen ist. Insoweit die 
Fahrkarten- und Kraftfahrzeugsteuer nicht den Reisegenuss, sondern Geschäftsaufwendungen 
treffen, und gleiches für den Versicherungsstempel gilt, hätten diese Steuern im Sinne der in 
Wissenschaft und Verwaltung eingelebten, wenn auch wohl zum Absterben verurteilten Termino- 
logie als „Verkehrssteuern‘“ zu gelten, im übrigen sind sie, wie gesagt, Konsumsteuern, zum letzten 
Teile aber Vermögenssteuern besonderer Art, insoweit sie nämlich Rücklagen (Lebensver- 
sicherungen!) belasten. 
  
  
B) Steuern vom Produktionsaufwand (sogenannte „Verkehrssteuern‘). 
Der Begriff der Verkehrssteuern ist strittig. Unter Verkehr wird die Personen- und Sachen - 
beförderung, der Nachrichtenverkehr, also die Mitteilungsbeförderung, aber auch der Abschluss 
bestimmter Geschäfte, insbesondere Kreditgeschäfte, die mit dem Beförderungsdienst nichts zu 
tun haben, verstanden. Das sind an sich verschiedene Tatbestände. Vornehmlich die letzte Kate- 
gorie war ins Auge gefasst, als Lorenz von Stein für die in ihrem Betrage besonders hochgeratenen, 
zumal neueren, im „Zeitalter des Verkehrs‘ geschaffenen „Gebühren‘‘ den Namen Verkehrssteuern 
vorschlug. Hier sind unter Verkehrssteuern solche Steuern behandelt, welehe im Unterschiede 
zu den Aufwandsteuern, diedadieEinkommensverwendungtreffen, die Geschäfts- 
unkosten erhöhen. Doch ist diese Bezeichnung nur supplementär für sie herangezogen. 
Da Steuern dieser Art den Preis der Waren steigern, kommen sie in ihrer Wirkung den indirekten 
Steuern gleich. Nur dass die indirekten Steuern im engeren Sinn, die 
nach den Objekten des Aufwandes, den „Waren“, die sie treffen, gegliedert sind, die sogenannten Ver- 
kehrssteuern nicht. Uebrigens hat der Name „Verkehrssteuern‘“ für diese Steuern kaum als glücklich 
gewählt zu gelten. Dass es auf eine Besteuerung des Verkehrs bei ihnen nicht abgesehen ist, wurde 
bereits angedeutet. Es handelt sich um eine Besteuerung von Akten im Dienste der Produktion 
von Wert, bezw. Einkommen. Willman von den Aufwandsteuern alsK n 
hätten die Verkehrssteuern sonach als Produktionssteuern zu gelten. Doch könnte diese 
Bezeichnung zu Missverständnissen verleiten, so dass sich letzten Endes die Unterscheidung in 
Steuern vom „Konsumtionsaufwand“ als die gemeinhin sogenannten Aufwandsteuern und in 
Steuern vom ‚Produktionsaufwand‘, bisher Verkehrssteuern genannt, empfiehlt. 
Eine erste Gruppe solcher Verkehrssteuern wird von Frachtbriefen und Connossa- 
menten, bis Ende 1916 auch von Zahlungsinstrumenten (Schecks), weiterhin von Kreditinstru- 
menten (Wechseln), dann beim Kauf von Geldsorten des Auslandes (Münzen, Banknoten usw.) 
an der Börse, hier äusserlich als Bestandteil der sogenannten Börsensteuer erhoben Der Ertrag 
der Steuern von Frachturkunden war 1912 19, von Schecks 3.2, von Wechseln 20.4 Millionen. 
Eine von dieser Gruppe unterschiedene zweite Kategorie stellen jene Verkehrssteuern 
dar, die speziell für Benutzung der besonderen Vorteile, welche die Gesellschaftsform 
den Unternehmungen bietet, durch die Besteuerung der Kommanaitaktieee jeder ı Art, bei Grün- 
dung und Kapitalausstattung von Aktiengesellschaften, K ‚ Gesell- 
 
	        
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