Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

144 III. Strafgesetzbuch. — Erster Teil. 
Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher sich zur Begehung eines 
Verbrechens oder zur Teilnahme an einem Verbrechen erbietet, sowie denjenigen, 
welcher ein solches Erbieten annimmt. 
Es wird jedoch das lediglich mündlich ausgedrückte Auffordern oder Erbieten, 
sowie die Annahme eines solchen nur dann bestraft, wenn die Aufforderung oder das 
Erbieten an die Gewährung von Vorteilen irgend welcher Art geknüpft worden ist. 
Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehren— 
rechte und auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. 
Die Aufforderung, das Erbieten und die Annahme missen 
ernstlich gemeint sein. „Vorteile irgend welcher Art“, also nicht 
bloß Vermögensvorteile. Es handelt sich um die Bestrafung einer erfolglosen 
Anstiftung; wird die Handlung begangen, so liegt ev. Anstiftung vor. Zu- 
ständig zur Aburteilung ist die Strafkammer des Landgerichts (L.). 
Zurechnung persönlicher Eigenschaften und Verhältnisse. 
§ 50. Wenn das Gesetz die Strafbarkeit einer Handlung nach den 
persönlichen Eigenschaften oder Verhältnissen desjenigen, welcher dieselbe be- 
gangen hat, erhöht oder vermindert, so sind diese besonderen Tatumstände 
dem Täter oder demjenigen Teilnehmer (Mittäter, Anstifter, Gehilfe) zuzurechnen, 
bei welchem sie vorliegen. 
Der Gehilfe oder Anstifter oder Mittäter, bei welchem Rückfall (Dieb- 
stahl, Betrug) oder Gewohnheitsmäßigkeit (Kuppelei) oder Gewerbsmäßigkeit 
(Kuppelei, Hehlerei) nicht vorliegen, kann nur wegen einfachen oder schweren 
Diebstahls und Betrugs usw. bestraft werden. 
4. Abschnitt. 
Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. 
Ausschluß der freien Willensbestimmung. 
§ 51. Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Täter 
zur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Bewußt- 
losigkeit oder krankhafter Störung der Geistestätigkeit befand, durch welchen 
seine freie Willensbestimmung ausgeschlossen war. 
Bei zweifelhafter Zurechnungsfähigkeit hat Freisprechung einzutreten. 
Bewußtlosigkeit: bei Sinnestäuschungen, Delirien, Berauschung, bei hoch- 
gradigen Affekten, Zuständen des Schlaf= und Traumlebens. Die Störung 
der Geistestätigkeit muß eine krankhafte sein. Die angeborene oder 
erworbene Unfähigkeit, sich durch sittliche oder rechtliche Motive bestimmen zu 
lassen, schützt, soweit nicht Geisteskrankheit vorliegt, nicht vor Strafe. Die 
moderne Wissenschaft erklärt diese geschilderte Unfähigkeit, wenn sie angeboren 
ist, für eine Geisteskrankheit. Beihilfe und Anstiftung zu solchen Taten aus-
	        
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