Einzelne Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. 105
Kauf und Verkauf der Wahlstimmen.
§ 109. (L.) Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme
kauft oder verkauft, wird mit Gefängnis von einem Monat bis zu zwei Jahren
bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Ein Kaufgeschäft nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes wird
nicht verlangt, nur ein Kauf nach dem Sprachgebrauche des Lebens. Als
Kaufpreis kann jeder materielle Vorteil gelten. Ob der Käufer so stimmen
will wie der Verkäufer, ist gleichgültig.
6. Abschnitt.
Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Oeffentliche Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze.
§ 110. (L.) Wer öffentlich vor einer Menschenmenge, oder wer durch
Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften
oder anderen Darstellungen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgiltige
Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit innerhalb ihrer Zuständigkeit
getroffenen Anordnungen auffordert, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert
Mark oder mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.
Es ist nicht nötig, daß der Aufgeforderte von der Aufforderung Keuntnis
erlangt hat. Geschützt werden soll die Autorität des Gesetzes an sich, auch
des Zivilgesetzes. Die Aufforderung zu einer gesetzwidrigen Handlung genügt
deshalb nicht; der Täter muß wollen, daß die Aufgeforderten „die in den Ge-
setzen usw. ruhenden unpersönlichen Grundlagen der Rechtsordnung“ mißachten
sollen. Menschenmenge sind mehr als zwei Personen.
Oeffentliche Aufforderung zu strafbarer Handlung.
§ 111. (Sw., L. bez. A.) Wer auf die vorbezeichnete Weise zur Be-
gehung einer strafbaren Handlung auffordert, ist gleich dem Anstifter zu be-
strafen, wenn die Aufforderung die strafbarc Handlung oder einen strafbaren
Versuch derselben zur Folge gehabt hat.
(I.) Ist die Aufforderung ohne Erfolg geblieben, so tritt Geldstrafe bis
zu sechshundert Mark oder Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre ein. (L. oder A.)
Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als
die auf die Handlung selbst angedrohte.
Der § 111 enthält einen spezielleren Tatbestand als S§ 110. A. bedeutet
Zuständigkeit des bei dem Amtsgericht gebildeten Schöffengerichts.
Aufforderung einer Person des Soldatenstandes zum Ungehorsam.
§ 112. (L.) Wer eine Person des Soldatenstandes, es sei des deutschen
Heeres oder der Kaiserlichen Marine, auffordert oder aufreizt, dem Befehle des