Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

200 III. Strafgesetzbuch. — Zweiter Teil. 
eine Aeußerung sei ehrverletzend, genügt hier ebensowenig wie in § 192. 
Eine Aeußerung zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten 
liegt z. B. vor, wenn der im Alimentenprozesse Beklagte behauptet, die 
Klägerin habe mit einem andern, einem Ehemann, geschlechtlich verkehrt. Be- 
rechtigte Interessen sind solche, deren Wahrnehmung das Recht erlaubt. Die 
Aeußerung muß gerade den Zweck haben, Rechte auszuführen und zu ver- 
teidigen oder berechtigte Interessen zu schützen. Die berechtigten Interessen 
können eigene und fremde sein; zur Wahrnehmung fremder Interessen muß 
aber der Aeußernde wieder ein eigenes berechtigtes Interesse haben. Daher 
kein allgemeines Recht der Presse, vermeintliche Uebelstände zu rügen. 
Strafantrag. 
§ 194. Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag ein. 
Die Zurücknahme des Antrages (88 185 bis 193) ist zulässig. 
„Antrag“, regelmäßig nur des Verletzten, Beleidigten oder des Ver- 
treters (vergl. aber §§ 189, 195, 196, 197). 
Antrag des Ehemanns. 
§ 195. Ist eine Ehefrau beleidigt worden, so hat sowohl sie als ihr 
Ehemann das Recht, auf Bestrafung anzutragen. 
Antragsberechtigt ist der Ehemann auch nach inzwischen erfolgtem Tode 
der Ehefrau. 
Antrag des Vorgesetzten. 
§ 196. Wenn die Beleidigung gegen eine Behörde, einen Beamten, 
einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie 
in der Ausübung ihres Berufes begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren 
Beruf begangen ist, so haben außer den unmittelbar Beteiligten auch deren 
amtliche Vorgesetzte das Recht, den Strafantrag zu stellen. 
In Beziehung auf den Beruf, d. h. Gegenstand oder Grundlage 
der Beleidigung muß eine amtliche Tätigkeit sein; außeramtliches Verhalten 
gehört nicht hierher. 
Ermächtigung beleidigter Körperschaft. 
§ 197. (L.) Eines Antrages bedarf es nicht, wenn die Beleidigung 
gegen eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaats, 
oder gegen eine andere politische Körperschaft begangen worden ist. Dieselbe 
darf jedoch nur mit Ermächtigung der beleidigten Körperschaft verfolgt werden. 
Wechselseitige Beleidigungen. 
§ 198. Ist bei wechselseitigen Beleidigungen von einem Teile auf 
Bestrafung angetragen worden, so ist der andere Teil bei Verlust seines 
Rechts verpflichtet, den Antrag auf Bestrafung spätestens vor Schluß der
	        
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