206 III. Strafgesetzbuch. — Zweiter Teil.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter
zwei Jahren ein.
Kind ist die Leibesfrucht auch noch im Mutterleibe, von den ersten
Anfängen des Geburtsaktes an. Unter mildere Strafe ist die Tat gestellt,
weil die Gemütserregung, in welche der Geburtsakt eine Gebärende, zumal
wegen der ihr und ihrem Kinde drohenden Schande die außerehelich Gebärende,
versetzt, berücksichtigt werden soll. Welchen Zeitraum der Begriff „gleich nach
der Geburt“ umfaßt, ist also Frage des einzelnen Falles; es kommt eben
darauf an, ob die vorsätzliche Tötung noch unter der Einwirkung der erwähnten
Gemütsbewegung erfolgt ist. Die Tötung muß vorsätzlich, d. h. bewußtermaßen
gewollt sein. Die Teilnehmer zu § 217 sind nach § 211 oder 212 zu bestrafen.
Dies folgt aus § 50.
Abtreibung.
§ 218. (L.) Eine Schwangere, welche ihre Frucht vorsätzlich abtreibt
oder im Mutterleibe tötet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe nicht unter
sechs Monaten ein.
Dieselben Strafvorschriften finden auf denjenigen Anwendung, welcher
mit Einwilligung der Schwangeren die Mittel zu der Abtreibung oder Tötung
bei ihr angewendet oder ihr beigebracht hat.
§ 218 setzt die absichtliche Tötung einer Leibesfrucht durch Bewirken
vorzeitigen Abgangs oder im Mutterleibe unter Strafe. Versuch dieses Ver-
brechens liegt z. B. vor, wenn die Schwangere das Abtreibungsmittel bereits
in den Mund genommen hat. Absatz 3 setzt voraus, daß der Erfolg der
Abtreibung oder Tötung wirklich eingetreten ist; ein Versuch ist also insoweit
nicht denkbar.
§ 219. (Sw.) Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer
einer Schwangeren, welche ihre Frucht abgetrieben oder getötet hat, gegen Ent-
gelt die Mittel hierzu verschafft, bei ihr angewendet oder ihr beigebracht hat.
§ 219 setzt wie § 218 A. 3 vollendete Abtreibung oder Tötung voraus,
aber nicht notwendig, daß die Schwangere als Täterin oder Gehülfin dabei
strafbar ist. Entgelt ist nicht notwendig bares Geld, sondern jeder Ver-
mögensvorteil.
§ 220. (8w.) Wer die Leibesfrucht einer Schwangeren ohne deren
Wissen oder Willen vorsätzlich abtreibt oder tötet, wird mit Zuchthaus nicht
unter zwei Jahren bestraft.
Ist durch die Handlung der Tod der Schwangeren verursacht worden
so tritt Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthaus-
strafe ein.