Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

228 
III. Strafgesetzbuch. — Zweiter Teil. 
Zeche bezahlen zu wollen. Eine Tatsache ist falsch, wenn der Täter ihre 
Unwahrheit genau kennt. Aber auch hier genügt der dolus eventualis. Vor- 
spiegelung verlangt ein positives Handeln, nicht ein bloß passives Ver- 
halten des Täters. Die Unterdrückung der wahren Tatsache kann in 
deren Verschweigen nur gefunden werden, wenn mit dem Verschweigen ein auf 
Täuschung abzielendes aktives Verhalten verbunden wird oder eine Rechts- 
pflicht zur Offenbarung der wahren Tatsache besteht. Hierzu ist zu bemerken, 
daß niemand verpflichtet ist, ungefragt seine mißliche Vermögenslage (Konkurs, 
Offenbarungseid) zu offenbaren. Durch die Vorspiegelung oder Unterdrückung 
muß ein Irrtum hervorgerufen oder ein schon vorhandener Irrtum aufrecht 
erhalten, also nicht lediglich ohne positives Bestärken benutzt werden. 
Zufolge der Erregung oder Unterhaltung des Irrtums muß der so 
Getäuschte in seinem Irrtum eine Handlung vornehmen oder unterlassen, 
welche entweder ihn selbst oder — da Getäuschter und Beschädigter nicht die- 
selbe Person zu sein brauchen — eine andere Person in ihrem Vermögen 
beschädigt. Die Vermögensbeschädigung muß also durch die Täuschung ver- 
ursacht sein. Würde der Getäuschte auch ohne die Täuschung die Handlung 
vorgenommen oder unterlassen, z. B. ein Darlehn aus Mitleid gegeben 
haben, so läge nicht vollendeter, sondern höchstens versuchter Betrug vor. 
Vermögensbeschädigung ist gegensätzlich zum Vermögensvorteil Minderung 
des Vermögens, z. B. Hingabe von Geld oder Sachen, oder ungünstigere 
Gestaltung der Vermögenslage, z. B. für Hingabe im baren Gelde Erwerb 
einer zweifelhaften Darlehnsforderung. 
Der nur auf Antrag zu verfolgende Betrug darf nur allein gegen 
Angehörige usw., nicht auch zugleich gegen andere, welche zu diesen Personen 
nicht gehören, begangen sein. Der Betrogene ist derjenige, welcher die Ver- 
mögensbeschädigung erleidet bezw. beim Versuch erleiden soll, nicht also der 
Getäuschte, wenn dieser und der Beschädigte verschiedene Personen sind. 
Beispiele: Betrügerisches Borgen; Bestellen und Genießen von 
Speisen und Getränken mit dem Bewußtsein, sie nicht alsbald bar bezahlen 
zu können, oder mit der Absicht, sie gar nicht bezahlen zu wollen (Zech- 
prellerei); heimliches Einsteigen in einen Eisenbahnwagen, Mitfahren auf dem 
Trittbrett, Benutzung eines nicht übertragbaren Eisenbahnbillets durch den 
Nichtberechtigten. Einkassierung von Forderungen seiten eines Nichtberechtigten. 
Kreditbetrug: Verschaffung von Geld oder Waren ohne Zahlungsfähigkeit 
oder Zahlungswillen. Betrug durch Falschspiel. Erlangung von Gestundung 
einer Forderung durch Täuschung, wenn der Schuldner zur Zeit der Täuschung 
noch zahlungsfähig war. Erlangung der Freigabe gepfändeter Gegenstände 
durch Täuschung. Erlangung von Bargeld gegen unsichere Hypothek. Forderung 
zu hoher Zeugengebühren zufolge Täuschung. Vorspiegelung der Absicht, einen 
gegen Darlehn gegebenen Wechsel alsbald einlösen zu wollen. Erlangung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.