Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

264 III. Strafgesetzbuch. — Zweiter Teil. 
Begriff des Beamten. 
§ 359. Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen 
alle im Dienste des Reichs oder in unmittelbarem oder mittelbarem Dienste 
eines Bundesstaats auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte 
Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, 
ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwälte. 
Ueber die Beamteneigenschaft entscheidet die Anstellung, d. h. die 
Uebertragung des Amtes oder Dienstes seiten der zuständigen Behörden oder 
Beamten und die Uebernahme des Amtes oder Dienstes seiten des Angestellten. 
Es müssen übertragen werden öffentlich rechtliche Funktionen. Gemeinde- 
beamte stehen im mittelbaren Staatsdienste. Hofbedienstete als solche sind keine 
Beamte, wenn nicht ein Staatsdienst mit ihrer Stelle verbunden ist. Auch 
Notare sind Beamte, nicht aber Rechtsanwälte. 
29. Abschnitt. 
Uebertretungen. 
Der Erste Teil des Strafgesetzbuchs „Von der Bestrafung, der Ver- 
brechen, Vergehen und Uebertretungen im allgemeinen“ findet auf Ueber- 
tretungen ebenso Anwendung wie auf Verbrechen und Vergehen, sofern nicht eine 
Bestimmung ausdrücklich nur für Verbrechen und Vergehen gegeben ist. So 
sind z. B. Versuch (§ 43) und Beihülfe (8 49) sowie Begünstigung (§ 257) 
bei Uebertretungen straflos. Dieses gilt auch für die neben dem Reichsstraf- 
gesetzbuche geltenden gesetzlichen Bestimmungen, welche Uebertretungen unter 
Strafe stellen, z. B. die Gewerbeordnung und andere Reichsgesetze, Landes- 
gesetze, Polizeiverordnungen. 
Zuständig für die gerichtliche Aburteilung aller Uebertretungen sind die 
Schöffengerichte (§ 27 Ziff. 1 d. G. V. G's.). Besondere Vorschriften für 
Uebertretungen enthält die Strafprozeßordnung in § 100 (Unzulässigkeit der 
Beschlagnahme von Briefen und Telegrammen auf der Post= und den Tele- 
graphenanstalten), in § 113 (Beschränkung der Verhaftung), in 8 211 (Ver- 
handlung ohne Schöffen gegen den vorgeführten, geständigen Beschuldigten), 
in §§ 231, 232 (Zulässigkeit der Hauptverhandlung gegen Ausgebliebene), in 
§§ 447 ff., 453 ff. (Strafbefehl und Strafverfügung). 
Auf eine Haftstrafe ist nach § 77 neben anderen Freiheitsstrafen 
gesondert zu erkennen; mehrere Haftstrafen werden bis zur Höhe von drei 
Monaten addiert. Die Strafverfolgung verjährt nach § 672 in drei Monaten. 
Unter den Uebertretungen finden sich viele Bestimmungen, sogen. Blankett- 
gesetze, welche erst weitere Verordnungen voraussetzen, für welche sie lediglich 
die Strafbestimmung geben. 
Der Stoff der Uebertretungen ist leider sehr wenig systematisch geordnet.
	        
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