Urheberrecht (Literatur und Tonkunst. — Bildende Künste). 459
Rückwirkende Kraft.
§ 60. Einem nachgelassenen Werke, das bei dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes noch nicht veröffentlicht ist, wird die im 8§ 29 vorgesehene Schutzfrist
auch dann zu teil, wenn die bisherige Schutzfrist bereits abgelaufen ist.
§ 61. Der durch dieses Gesetz gewährte Schutz gegen Aufführung kann
nach dessen Inkrafttreten einem Werke der Tonkunst, für welches das Auf-
führungsrecht bis dahin nicht vorbehalten war, dadurch gesichert werden, daß
das Werk nachträglich mit dem Vorbehalte versehen wird. Jedoch ist die Auf-
führung eines solchen Werkes auch ferner ohne Einwilligung des Urhebers
zulässig, sofern nicht bei der Aufführung Noten benutzt werden, die mit dem
Vorbehalte versehen sind.
Die ausschließliche Befugnis zur öffentlichen Aufführung eines nach
diesen Vorschriften geschützten Werkes steht dem Urheber zu.
§ 62. Die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers eines geschützten
Werkes bestimmen sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes, auch wenn das
Werk vor dessen Inkrafttreten entstanden ist. War jedoch eine Uebersetzung oder
sonstige Bearbeitung oder eine Sammlung, welche aus den Werken mehrerer Schrift-
steller zum Schulgebrauche veranstaltet ist, vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
erlaubterweise ganz oder zum Teil erschienen, so bleibt die Befugnis des Be-
arbeiters zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Aufführung unberührt.
§ 63. Sovweit eine Vervielfältigung, die nach dem Inkraftreten dieses
Gesetzes unzulässig ist, bisher erlaubt war, darf der bereits begonnene Druck von
Exemplaren vollendet werden. Die vorhandenen Vorrichtungen, wie Formen,
Platten, Steine, Stereotypen, dürfen noch bis zum Ablauf von sechs Monaten
benutzt werden. Die Verbreitung der gemäß dieser Vorschriften hergestellten
sowie der bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vollendeten Exemplare
ist zulässig.
16. Gesetz,
betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste.
Vom 9. Januar 1876.
(R.G. Bl. S. 4.)
(Auszug.)
Urheberrecht.
§ 1. Das Recht, ein Werk der bildenden Künste ganz oder teilweise
nachzubilden, steht dem Urheber desselben ausschließlich zu.