Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten. Erster Band. 1905. (1)

536 V. Die übrigen wichtigsten Reichsgesetze strafrechtlichen Inhalts. 
schule anzuhalten und den Schulbesuch zu überwachen. Er muß entweder selbst 
oder durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Aus- 
bildung des Lehrlinges leiten, den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten 
Sitten anhalten und vor Ausschweifungen bewahren, er hat ihn gegen Miß- 
handlungen seitens der Arbeits= und Hausgenossen zu schützen und dafür 
Sorge zu tragen, daß dem Lehrlinge nicht Arbeitsverrichtungen zugewiesen 
werden, welche seinen körperlichen Kräften nicht angemessen sind. 
Er darf dem Lehrlinge die zu seiner Ausbildung und zum Besuche des 
Gottesdienstes an Sonn= und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit 
nicht entziehen. Zu häuslichen Dienstleistungen dürfen Lehrlinge, welche im 
Hause des Lehrherrn weder Kost noch Wohnung erhalten, nicht herangezogen 
werden. 
Züchtigungsrecht des Lehrherrn. 
8§ 127a. Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unter- 
worfen und dem Lehrherrn sowie demjenigen, welcher an Stelle des Lehrherrn 
die Ausbildung zu leiten hat, zur Folgsamkeit und Treue, zu Fleiß und 
anständigem Betragen verpflichtet. 
Uebermäßige und unanständige Züchtigungen sowie jede die Gesundheit 
des Lehrlinges gefährdende Behandlung sind verboten. 
Einseitiger Rücktritt vom Lehrvertrag. 
§ 127b. Das Lehrverhältnis kann, wenn eine längere Frist nicht ver- 
einbart ist, während der ersten vier Wochen nach Beginn der Lehrzeit durch 
einseitigen Rücktritt aufgelöst werden. Eine Vereinbarung, wonach diese 
Probezeit mehr als drei Monate betragen soll, ist nichtig. 
Nach Ablauf der Probezeit kann der Lehrling vor Beendigung der ver- 
abredeten Lehrzeit entlassen werden, wenn einer der im § 123 vorgesehenen 
Jälle auf ihn Anwendung findet oder wenn er die ihm im § 127 a auf- 
erlegten Pflichten wiederholt verletzt oder den Besuch der Fortbildungs= oder 
Fachschule vernachlässigt. 
Von seiten des Lehrlinges kann das Lehrverhältnis nach Ablauf der 
Probezeit aufgelöst werden, wenn: 
1. einer der im § 124 unter Ziffer 1, 3 bis 5 vorgesehenen Fälle 
vorliegt; 
2. der Lehrherr seine gesetzlichen Verpflichtungen gegen den Lehrling 
in einer die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die Ausbildung des 
Lehrlinges gefährdenden Weise vernachlässigt, oder das Recht der
	        
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