638 V. Die übrigen wichtigsten Reichsgesetze strafrechtlichen Inhalts.
allen verdächtigen Erscheinungen bei demselben, welche den Ausbruch einer
solchen Krankheit befürchten lassen, sofort der Polizeibehörde Anzeige zu machen,
auch das Tier von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder
Tiere besteht, fern zu halten.
Die gleichen Pflichten liegen demjenigen ob, welcher in Vertretung des
Besitzers der Wirtschaft vorsteht, ferner bezüglich der auf dem Transporte
befindlichen Tiere dem Begleiter derselben und bezüglich der in fremdem
Gewahrsam befindlichen Tiere dem Besitzer der betreffenden Gehöfte, Stallungen,
Koppeln oder Weiden.
Zur sofortigen Anzeige sind auch die Tierärzte und alle diejenigen
Personen verpflichtet, welche sich gewerbsmäßig mit der Ausübung der Tier—
heilkunde beschäftigen, imgleichen die Fleischbeschauer, sowie diejenigen, welche
gewerbsmäßig mit der Beseitigung, Verwertung oder Bearbeitung tierischer
Kadaver oder tierischer Bestandteile sich beschäftigen, wenn sie, bevor ein
polizeiliches Einschreiten stattgefunden hat, von dem Ausbruch einer der nach-
benannten Seuchen oder von Erscheinungen unter dem Viehstande, welche den
Verdacht eines Seuchenausbruchs begründen, Kenntnis erhalten.
Anzuzeigende Seuchen.
§ 10. Die Seuchen, auf welche sich die Anzeigepflicht (8 9) erstreckt,
sind folgende:
1. der Milzbrand;
2. die Tollwut;
3. der Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel;
4. die Maul- und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen
und Schweine;
5. die Lungenseuche des Rindviehs;
6. die Pockenseuche der Schafe;
7. die Beschälseuche der Pferde und der Bläschenausschlag der
Pferde und des Rindviehs;
8. die Räude der Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel und der Schafe.
Der Reichskanzler ist befugt, die Anzeigepflicht vorübergehend auch für
andere Seuchen einzuführen.
§ 11. Die Landesregierungen sind ermächtigt, für solche Bezirke, in
welchen sich der Milzbrand beständig zeigt, von der Anzeigepflicht (8 9)
insoweit zu entbinden, als die Seuche nur vereinzelt auftritt. In diesem