Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Herzog Albert jenem unheilvollen Gedanken widersetzt, solange es ihm 
nur möglich war. An Bevölkerungszahl und wirtschaftlicher Leistungs- 
fähigkeit waren die Wettiner Lande denen der Hohenzollern weit überlegen; 
denen der Habsburger, die damals Böhmen und Ungarn noch nicht besaßen, 
mindestens gleichwertig. Der jüngere der Wettiner Brüder mochte, wie in- 
stinktiv die Mehrzahl der getreuen Untertanen, wohl einsehen, daß und wie 
dieses günstige Verhältnis durch einen Federstrich in ein ungünstiges ver- 
wandelt werden konnte — ja mußte. Die Schwächung des Hauses Wettin 
mußte um so verhängnisvoller werden, als nicht nur die direkte Macht des- 
selben, sondern auch seine indirekte Machtsphäre aufs empfindlichste leiden 
mußte, gerade auch letztere aber nicht zu unterschätzen war; ja für eine 
weitsichtige Politik hätte als unersetzlich gelten müssen.) 
Der jüngere Bruder, Albert, auch Albrecht genannt „der Beherzte“, 
regierte über den ihm zugefallenen Landesteil von 1485 bis 1500. Er, 
der Stammvater der jetzt Königlichen Linie, zu dessen Ehre im Jahre 1850 
König Friedrich August den Albrechtsorden stiftete, war einer der be- 
rühmtesten Helden seiner Zeit und leistete, zusammen mit dem gleichnamigen 
Kurfürsten von Brandenburg, durch hervorragende kriegerische Umsicht, Klug- 
heit und Entschlossenheit dem von allen Seiten hart bedrängten Reiche un- 
schätzbare Dienste. Als „des Kaisers und des Reiches gewaltiger Marschalk 
und Bannermeister“, wie ihn voll Dankgefühl Friedrich III. nannte, focht 
Albertus animosus in rühmlichster Weise gegen Karl den Kühnen von 
Burgund, gegen Mathias von Ungarn, gegen die Niederländer und gegen 
die Friesen. Der jugendliche Kaiser Maximilian (des Reiches letzter Ritter), 
durch dessen Heirat mit der Erbtochter Maria von Burgund der Frieden 
wenigstens nach Süden hin gesichert war, nahm den sächsischen Hektor (das 
Seitenstück zum brandenburgischen Achilles) unter die Ritter vom goldenen 
Vließ auf (zu denen nur hervorragende Fürsten gehörten) und verlieh ihm 
die, freilich mit vielen Dornen verbundene, Würde eines erblichen Gubernators 
über Friesland. Sein Sohn Heinrich, den Albrecht zum Vizestatthalter 
einsetzte, brachte außerdem durch allerhand Unbilligkeiten und unkluge Maß- 
regeln die Friesen — die eine eiserne Kette, an der er aufgehangen werden 
  
41) Des großen Fehlers, den die Wettiner durch das Aufgeben ihrer einheitlichen 
Machtstellung begingen, bedienten sich denn auch deren — wenn man so sagen darf — 
Konkurrenten, die Hohenzollern, weidlich zu ihren Zwecken, die sich damals besonders um 
Erlangung des übergewichtes an Saale und Elbe handelten. Erich Brandenburg, Privat- 
dozent an der Universität Leipzig, sagt denn auch hierauf bezüglich sehr treffend: „Verlauf und 
Ausgang des Kampfes um Magdeburg zwischen Wettinern und Hohengollern ist für die 
Weiterentwickeluug der politischen Verhältnisse Norddeutschlands entscheidend gewesen. Nicht 
nur um die wirtschaftliche Beherrschung der Mittel-Elbe wurde gerungen, obwohl darin das 
unmittelbare Motiv für die leitenden Staatsmänner jener Tage lag, sondern es begann 
schon damals, wie nur der Zurückschauende erkennt, der Kampf zwischen Brandenburg und 
Sachsen um die führende Stellung in Norddeutschland. Magdeburg in den Händen der 
Wettiner — läßt sich ein stärkeres Hindernis für die Ausbreitung der Machtsphäre des 
Hauses Hohenzollern über den Westen Norddeutschlands denken?“
	        
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