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am 23. Juli 1532 zu stande gekommenen Religionsfriedens zu Nürnberg)
konnte Johann der Beständige nicht genießen, nur wenige Tage nach Ab-
schluß desselben ward er vom Tode ereilt. Ihm folgte sein Sohn Johann
Friedrich der Großmütige 1532— 1547, 1554.
Dieser am 30. Juni 1503 zu Torgau geborene Fürst, der sein Leben
lang so großes Kreuz und Ungemach auf sich nehmen sollte, brachte merk-
würdigerweise ein Mal an der Schulter in Form eines Kreuzes mit auf die
Welt. Das Unglück, das Gott über ihn verhängt hatte, begann schon kurz
nach seiner Geburt, als seine edle Mutter Sophie von Mecklenburg bereits
im Juli dem zarten Kinde durch den Tod entrissen wurde. Seine Verlobung
mit der Infantin von Spanien, der Schwester des Kaisers, die, äußerlich
betrachtet, vielleicht von großem Vorteil hätte werden können, fand ihre
Auflösung dadurch, daß Johann Friedrich der Aufforderung der Königin-
Witwe von Spanien, Luthers Lehre zu verwerfen, nicht nachkommen zu
können erklärte. Dagegen vermählte sich der Kurprinz, dessen durchdringenden
Geist und Verstand wie gutes Herz Spalatin und Melanchthon nicht genugsam
rühmen können, im Jahre 1527 mit Sibilla von Kleve. Diese Heirat brachte
ihm und dem Kurhause die Erbanwartschaft auf das Herzogtum Kleve samt
Zubehörung, welche sogar bei des Kurfürsten feierlicher Belehnung durch
Kaiser Karl noch besonders bestätigt wurde. Im Jahre 1538 löste Johann
Friedrich für eine namhafte Summe die an die Stadt Magdeburg verpfändet
gewesenen Amter des Burggrafentums Magdeburg ein und fügte den Titel
„Burggraf von Meißen“ seinen übrigen Titeln hinzu.
Nachdem Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp
von Hessen, die Häupter der zum Schmalkaldischen Bunde zusammengetretenen
Evangelischen sich geweigert hatten, auf dem Reichstage zu Regensburg zu
erscheinen (wie sie auch das Konzil zu Trient nicht beschickten), erklärte
Karl V. beide in des Reiches Acht, und der längst gefürchtete Religions-
krieg (der Schmalkaldische) begann. Die Unternehmungen der Verbündeten,
die bis an die Donau vorgedrungen waren, scheiterten durch den Mangel
an strategisch -taktischer übereinstimmung ihrer Bundeshäupter, was ins-
besondere dem Kurfürsten zur Last fällt, dessen Unschlüssigkeit die sehr günstige
Gelegenheit vorübergehen ließ, die Kaiserlichen mit bedeutend überlegener
Streitmacht wirksam anzugreifen. Nun ergriffen jene die Offensive und
46%) Das Bestreben Karls V., auch die evangelischen Reichsstände zur Mitwirkung bei
einem Kriege gegen die Türken zu gewinnen, sowie sein Wunsch, seinen Bruder Ferdinand
als seinen Nachfolger in Deutschland gesichert zu wissen, hatten den Kaiser zum Eingehen
dieses geistigen Waffenstillstandes veranlaßt. Derselbe garantierte vorläufig jeder Partei
ihren Besitzstand und gestattete einem jeden, in Religionssachen nach seiner überzeugung
zu handeln, bis auf einer Kirchenversammlung oder einem Reichstage nähere Bestimmungen
getroffen würden. Einem solchen ausschlaggebenden Faktor suchten die Evangelischen aus
dem Wege zu gehen und gaben dem Kaiser durch Nichtbeschickung des Konzils zu Trient
10 Jahre später den Vorwand, gegen sie als Ungehorsame vorzugehen. Der auf dem von
Moritz erzwungenen Passauer Vertrag folgende Reichstag zu Augsburg 1555 brachte erst
erwünschte Klarheit.