Full text: Der Fürstenzug auf dem Sgraffito-Fries am Königl. Schlosse zu Dresden.

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Kurstaat und Kurwürde verlieh Karl V. dem Herzog Moritz von Sachsen, 
Enkel Albrechts des Beherzten, wodurch beides an die Albertinische Linie 
von Wettin überging. Die Ernestiner, das heißt die Abkömmlinge Ernsts 
und Nachkommen Johann Friedrichs, besitzen seitdem die sächsischen Herzog- 
tümer. 
Nach der Gruppe der Ernestiner folgen im Zuge die beiden Söhne 
Albrechts des Beherzten: Georg der Bärtige (1500 — 1539) und 
Heinrich der Fromme (1539—154 1). 
So eifrig wie seine ernestinischen Vettern der Lehre Luthers zugetan 
waren, so eifrig bekämpfte Herzog Georg dieselbe und zwar vom politischen 
Standpunkte aus als eine staatsgefährliche Neuerung. Aber ein fanatisch 
gehässiger Tyrann ist dieser edle Fürst nicht gewesen. Und wenn derselbe 
von protestantischer Seite gewissermaßen als ein geistiger Bruder des während 
seiner Regierungszeit den Jesuitenorden gründenden Ignaz von Loyola auf- 
gefaßt und eine unduldsame Gestalt genannt wird, so dürfte es dem gegen- 
über nicht unberechtigt erscheinen, ihn lieber eine besonders direkt aus- 
gesprochene Verkörperung und Personifikation starren Autoritätsgefühls zu 
nennen. Dabei soll gern zugestanden werden, daß, wie alles Zuviel von 
Übel ist, auch ein Zuviel von allzu starrer Autorität viel Guteszu verhindern 
im stande ist; — obgleich Zuchtlosigkeit und Nichtachtung jeglicher Autorität, 
als anderes Extrem, doch für das allerverderblichste erklärt werden muß. 
Herzog Georg, der ursprünglich dem geistlichen Stande gewidmet gewesen 
war und selbst von seinen Feinden als ein Mann von hohem sittlichen Ernste 
und seltener Willensstärke — allerdings, und wer wollte ihm das verargen, 
bei einem ausgeprägten Bewußtsein von der hohen Wichtigkeit seiner Fürsten- 
stellung — geschildert wird, kannte die Bibel (in der er, nach Wahrheit 
suchend, und die Fundamente, auf denen die Kirche Christi aufgebaut ist, mit 
der Weiterentwickelung dieses Weltbaues vergleichend, sehr fleißig las) besser 
als die meisten Laien seinerzeit. Als verständiger und frommer Christ, 
wie als ebenso verständiger und tüchtiger Mensch, konnte auch er sich des 
Eindruckes nicht erwehren, daß eine Besserung der kirchlichen Zustände aufs 
dringenste geboten, eine heilsame Reformation an Haupt und Gliedern un- 
bedingt nötig sei. Ja, überzeugt, daß Festigkeit und Wirksamkeit der Kirche 
in erster Linie auf deren innerer Reinheit und auf dem sittenstrengen vor- 
  
  
oder weniger im katholischen Sinne abgefaßten Augsburger Interims geantwortet hatte: 
„Ich kann in meinem Alter die Wahrheit nicht verleugnen, für die ich so frühe gestritten 
habe. Um mir noch einige Jahre Freiheit zu verschaffen, will ich kein Verräter werden; 
vielmehr will ich ein ruhiges Gewissen haben und die Achtung redlicher Männer verdienen.“ 
Jenes Lied hebt an: „Wie's Gott gefällt, gefällt's auch mir und laß mich gar nicht irren.“ 
Im neuen Sächsischen Landesgesangbuch ist es unter Nummer 614 zu finden. Ob es 
übrigens nicht sehr viel praktischer und weitausschauender gewesen wäre, auf das Interim 
einzugehen, von dessen Boden aus eine spätere Verständigung doch nicht als ganz aus- 
geschlossen anzusehen gewesen sein würde, mag hier unerörtert bleiben.
	        
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