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so kann mich niemand verdenken, wenn ich mich bemühe, darunter je eher je
lieber zum Zweck zu kommen.
Wenn ich alles habe, was zu der Königlichen Würde gehört, auch noch
mehr als andere Könige, warum soll ich dann auch nicht trachten, den Namen
eines Königs zu erlangen?
Weil meine Lande dergestalt gelegen sein, daß fast alle Potentaten von Eu—
ropa meine Freundschaft nötig haben, so werde ich auch dieses große Werk mit
Gottes Hilfe hoffentlich desto eher mit ihnen durchtreiben, und mich von ihnen
vor enen König agnoscieren machen können, sonderlich da keinem von ihnen
etwas dadurch abgehet
Auf alle diese Weise werde ich menschlichem Ansehen nach nimmermehr die
Königliche Würde erlangen. In Polen steht mir meine Religion, die ich um alle
Kronen in der Welt nicht verwechseln werde, im Wege. Auf England aber kann
ich mir auch keine Hoffnung machen, weil der Herzog von Glocester Savoyen
Frankreich und Hannover ex iure sanguinist!) Recht auf selbige Kronen haben,
mit welchem ich schwere Kriege würde führen müssen, dessen es aber auf diese
Weise, wie ich mit Gottes Beistand den Königlichen Titel zu erlangen verhoffe,
nicht bedürfen wird . . ..
Meine Meinung ist auch, daß ich vor allen Dingen des Kaisers Approbation
versichern will. Ich will auch respecta?) meiner Kur und der im Reich habenden
Lande mit meinen Mitkurfürsten in Kollegialversammlungen nichts Neues
pretendieren. Es müßte aber die Königliche Würde auf Preußen, weil ich allda
Souverän bin, fundieret und bei den preußischen Landständen dahin gebracht
werden, daß dieselben als aus eigenem Bewegnis mich ersuchten, die Königliche
Würde anzunehmen.
Die Annehmung des Königlichen Titels wegen Preußen kann der Kaiser
ebensowenig vor eine Felonie aufnehmen als die Souveränität, so ich darüber
habe. Wenn ich aber wegen meiner Reichslande ein souveräner König werden,
und wegen derselben nicht mehr ein Vasall des Reiches sein wollte, so müßte ich
nicht allein des Kaisers sondern auch des ganzen Reiches consenss) dazu haben,
welchen ich in Ewigkeit nicht werde bekommen.
Ich glaube, daß es jetzo mehr als jemals Zeit sei, die Sache mit dem Kaiser
vorzunehmen, denn derselbe ist alt und meinem Hause wegen vieler ihm geleisteten
Dienste gewogener als vielleicht der Römische König nicht sein wird. Er hat auch
meiner assistens in der Spanischen Sukzession nötig, und weil der Kaiser bei
solcher Sukzession ganze Königreiche gewinnen will, ich ihm auch dabei soviel
Dienste als einige andere Potentaten in der Welt leisten kann. So kann ich nicht
anders urteilen, als daß dieses eine solche conjunctur ist, den Kaiser zu obli-
gieren und etwas Gutes dagegen für mich wieder auszubedingen, daß wenn ich
dieselbe eschappieren lasse, dergleichen in vielen seculis") oder wenigstens bei
meiner Regierung nicht wieder kommen wird, und von welcher ich also notwendig
profitieren muß, um zu meiner Absicht zu kommen. Wenn ich diese occasion
versäume, und der Kaiser erlangt durch die Spanische Sukzession mehr Reiche und
Macht, so wird er nachher alle anderen Potentaten und Mich nicht allein weniger
achten als jetzo, sondern auch den Anwachs meiner Würde und Autorität mehr
hindern als früher
1) nach dem Recht des Blutes. ) im Hinblick auf. 7) Zustimmung. #) Jahrhunderten.