16 Die innere Entwicklungegeschichte des Dreiverbandes.
Oelcassé unterbrach ihn: „Verzeihen Sie. Ich
leitete die auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs.
Ich habe nicht die auswärtigen Beziehungen Oeutsch-
lands zu hüten.“ Rouvier entwickelte dann seine
Politik mit Deutschland, und der Ministerrat gab ihm
recht.
Am Abend erhielt Delcassé neben vielen andern
Meldungen auch eine von einem angesehenen Manne,
die lautete: „Wann findet in der Oper die Festvor-
stellung zu Ehren des Kaisers statt?“
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So die Enthüllung Oelcasss vom 7. Oktober
1905; die gleichfalls rouvierfeindliche Ergänzung der
„Dépsche de Toulouse“ vom 15. Oktober weicht nur
unerheblich davon ab. Selbsterständlich erregte sie
in allen politisch interessierten Kreisen Europas sofort
ein Aufsehen, von dessen Wucht wir uns heute keine
klare Vorstellung mehr machen können. Oie Haupt-
phasen der daran sich knüpfenden hochinteressanten
Erörterungen, denen man damals allerdings bei
weitem nicht den blutigen Ernst beimessen wollte,
cas et sous aucune forme PlItalie ne pourrait devenir
PTauziliaire ni Pinstrument d'une agression contre notre
Pays.“ Kurz nachher, am 8. Januar 1902, batte der Reichs-
kanzler Bülow unter dem Eindruck von Prinettis Eingeständnie
vom 14. Dezember 1901 das geflügelte Wort von der „un-
schuldigen Extratour“ IStaliens geschaffen. Mit bemerkens-
werter Ruhe begrüßte deshalb die Pariser Presse die Erneue-
rung des Dreibundes vom 5. Dezember 1912, da ja Ztalien
oin keinem Falle das Werkzeug oder der Gebilfe eines Angriffs
gegen Frankreich werden könne“. — A#un begreift man Jtaliens
lermelle Berechtigung zur Neutralität in einem Kriege, den
ie Gegner unseres Oefensiobundes leider zu einem An-
griffekriege Deutschlands und Osterreich- ngarns zu stempeln
verstanden haben!