Aufruf
an unsere Bürgerschaft.
Wie schwer sich jede Unbesonnenheit und Pflichtvergessenheit rächen kann, haben die entsetzlichen und von uns
aufs Schmerzlichste empfundenen Ereignisse bei der Explosion unseres Wasserwerks am Freitag, den 28. August cr,
wiederum bewiesen. Die braven Bürger Kos#smann, Euhn (Bater und Sohn), Lügler, Pluskat, Tobehn und
Wallat haben die Pflichtvergessenheit der mit der Betriebsleitung betrauten Beamten mit dem gualvollsten Tode
büßen müssen, welchem Schicksal unser Gouverneur, Herr Stadtrat Dr. Biertreund wie durch ein Wunder entgangen ist-
Nachdem es uns durch die Hilfe der russischen Militärobrigkeit gelungen ist, die städtischen Werke, von denen
das ganze Wohl und Wehe der Bürgerschaft abhängig ist, wieder in Betrieb zu setzen, brauchen wir eine Reihe von
Männern, welche von denselben wahren Bürgertugenden beseelt, wie sie die oben genannten Bürger bewiesen haben.
Wir fordern deshalb alle Bürger ohne Unterschied des Standes, welche geneigt sind, sich an der weitern
Betriebsleitung unserer Werke zu betätigen auf, sich unverzüglich bei Dr. Bierfreunck zu melden, um sie dann
ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechend verwenden zu können. Wir betonen, daß auch die russische Militär=
obrigkeit auf die Aufrechterhaltung des Betriebes in unsetn Werken den allergrößten Wert legt und uns für die
Werke und ihre Betriebsangestellten Schutz und Schirm zugesichert hat. Auch haben wir dafür Sorge getragen, daß
alle Angestellten eine sachgemäße und gründliche weitere Ausbildung erhalten, welche sie weiterhin dazu befähigen soll.
durch diese Tätigkeit sich eine Lebensstellung zu sichern. Wir halten es für selbstverständlich, daß die Bürgerschaft
späterhin allen, die sich jetzt zur Uebernahme solcher Hilfestellungen in unsern Werken bereit finden lassen, ihren Dank
und ihre Anerkennung dadurch zum Ausdruck bringen wird, daß sie bei der endgültigen Besetzung der Werke mit
Betriebsbeamten in allererster Reihe Berücksichtigung finden werden.
An Seine Exzellenz General der Kavallerie Herrn von Rennenkampt hier habe ich noch folgendes
Schreiben gerichtet:
Seine Exzellenz
bitte ich, daß die Maschinen im Wasserwerk, so bald sie in Ordnung sind, auch weiterhin durch die bis-
herigen Sachverständigen in Betrieb genommen werden, weil ich keine Sachverständigen habe und befürchte,
daß sehr bald Störungen auftreten werden, wenn ich die Maschinenpumpen durch Nichtsachverständige in
Betrieb halten soll.
Der oben ausgesprochenen Bitte ist, wie schon oben angedeutet, entsprochen worden und so die Gewähr ge-
geben, daß eine fachmännische Unterweisung denen zuteil wird, die die fernere Bedienung der Maschinen übernehmen.
Ferner erwarte ich, daß alle Bürger, welche mit mir die schweren Tage durchgemacht haben, ihre Stellung-
nahme gegenüber dem geflüchteten Leiter des Elektrizitätswerkes dadurch zum Ausdruck bringen, daß sie von jetzt ab
ausschließlich das Gaslicht benutzen werden.
Insterburg, den 1. September 1914.
Der Gouverneur
Dr. Bierfreund.
BSuckdmeckerel der Sscheuschen Volkszeitung in Irsterburg.