Full text: Das Civil-Medizinal-Wesen im Königreiche Bayern. 2. Band. Die Medizinalpolizei. (2)

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Seine Kaiserl. Königl. Hoheit der Erzherzog Großherzog 
haben die Pflichten der Landärzte des Großherzogthums, welche 
in der Verordnung vom 23. Dezember vor. J. nur im Allge- 
meinen bezeichnet worden sind, genauer, wie folgt, zu bestim- 
men geruht. 
§. 1. 
Den Landärzten liegt in ihren Physikatsbezirken die Aus- 
übung der gerichtlichen Arzneikunde ausschließend ob. 
8. 2. 
Wenn aber der Physikus entweder abwesend ist, oder der 
Zustand eines Patienten eine so schleunige Hilfe fordert, daß 
der Landgerichtsphysikus nicht beigerufen werden kann, so bleibt 
es den Landgerichten nicht nur unbenommen, jeden andern in 
der Nähe befindlichen praktischen Arzt beizurufen; sondern jeder 
in der Nähe befindliche praktische Arzt ist anch befugt und 
verpflichtet, auf den Fall einer nothwendigen schleunigen Hilfe 
eden, wenn gleich zur gerichtlichen Untersuchung geeigneten 
Patienten ohne Verzug zu übernehmen, und ihm nicht nur 
seine ärztliche Hilfe zu leisten; sondern auch in Bezug auf die 
gerichtliche Untersuchung nach den Vorschriften der gerichtlichen 
Arzneikunde zu verfahren. 
Der Befund eines solchen Arztes verdient vollen Glauben, 
wenn er vorher hierzu verpflichtet worden ift, oder denselben 
mit einem Eide bekräftigt. 
8. 3. 
Anf eine Weisung des großherzoglichen Hofgerichts, oder die 
amtliche Einladung der großherzoglichen Land- und Patrimonial- 
gerichte werden die Landärzte die in ihrem Physikatsbezirke sich 
ergebenden peinlichen Fälle, welche eine ärztliche Untersuchung 
erfordern, ohne Verzug genau und gründlich untersuchen, und 
den Befund, so wie ihr mit Gründen motivirtes Gutachten 
deutlich und bestimmt durch Bericht dem großherzoglichen Hof- 
gerichte, den übrigen Justizstellen aber durch Noten mitzutheilen. 
8. 4. 
Auch abgesehen von einer Weisung oder amtlichen Ein- 
ladung sind die Landärzte verbunden, über gefährliche Ver- 
wundungen und Vergiftungen, welche denselben in ihrer Praxis 
vorkommen, heimliche Geburten, Inzichten eines veran- 
laßten Abortus, der competenten Gerichtsstelle die schleunigste
	        
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