Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

134 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
7. Schleswig-Holstein. 
München, 18. Februar 1864. 
Gestern war ich bei Bodenstedt. Ich hatte erfahren, daß er wünsche, 
daß ich in den Schleswig-Holstein-Verein eintreten möchte, und daß dies 
das Mittel sei, um Minister zu werden, was er und die liberale Partei 
in Bayern für nötig halten. Bodenstedt beklagte, daß ich nicht früher 
gekommen sei, da ich dann im Verein hätte nützen können. Jetzt sei es 
schon zu spät. Er beklagte sich über Schrenck und dessen Untätigkeit, 
glaubt, daß der König, wenn er einen andern Minister hätte, ganz anders 
auftreten würde, und teilte mir mit, daß Schrenck dem Könige schon über 
die schleswig-holsteinsche Frage gesprochen habe, Deutschland sehe auf 
den König, habe Schrenck gesagt u. s. w. 
Heute war ich nun bei Schrenck. ) Dieser fing damit an, mir zu 
sagen, er habe gehört, ich werde in ihren Verein eintreten. Auf mein 
Verneinen hielt er mir eine Vorlesung, daß man in einer so heiligen 
Sache mit seiner Ansicht nicht hinter dem Berge halten dürfe u. s. w. 
Ich erwiderte darauf, daß ich mit meiner politischen Meinung nie hinter 
dem Berge halte, wenn ich berufen sei, meine Ansicht zu äußern, daß 
ferner jeder Mensch in Bayern wisse, welcher Ansicht ich angehöre, daß 
mir aber folgende Erwägung den Eintritt in den Verein unmöglich mache: 
ich glaube nämlich, daß die schleswig-holsteinschen Vereine demnächst in 
der Lage sein würden, sich über die Alternative zu entscheiden, ob sie den 
gesetzlichen Weg verlassen wollten oder ob sie, der Macht weichend, sich 
in das Privatleben zurückziehen wollten. Beide Entschlüsse seien mir un- 
angenehm. Wenn ich einmal einem Verein beiträte, so würde ich auch 
alle logischen Folgerungen, die man daraus ziehen und die sich daraus 
ergeben würden, akzeptieren. Auf halbem Wege stehen zu bleiben, sei 
meine Sache nicht. Da ich aber die Revolution in gewissen Verhältnissen 
als eine logische Folge dieser Vereine kommen sähe, so hielte ich es für 
zweckmäßig, mich nicht zu beteiligen. 
Auf den Einwurf Schrencks, daß der Verein aus sehr soliden Leuten 
zusammengesetzt sei — er zitierte Ringseis —, bemerkte ich ihm, daß ich 
ohne Selbstüberschätzung behaupten müsse, daß eben mein Beitritt dem 
Verein eine politische Firbung geben werde. Im Verlauf des Gesprächs 
setzte ich ihm mein Programm auseinander, machte ihm klar, daß es sich 
für Bayern um eine Existenzfrage handle, und daß zur Aufrechterhaltung 
der Selbständigkeit Bayerns die Zusammenberufung eines deutschen mittel- 
staatlichen Parlaments und eine entschiedene Politik nötig sei. 
1) Minister des Auswärtigen und des Handels 1859 bis 1864. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.