Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Apanage. 129 
auf A. nur diejenigen an sich thronfolgefähigen Familienglieder, welche durch die 
Primogenitur von der Erbfolge ausgeschlossen sind, also regelmäßig nur Agnaten. 
Dieser Anspruch entsteht auch erst von dem Zeitpunkte an, wo die Ausschließung 
von der Thronfolge wirksam wird, so daß also die Söhne des Regierenden, insbe- 
sondere auch der Thronfolger bei Lebzeiten ihres Vaters auf A. keinen Anspruch 
haben, sondern lediglich auf Alimentation. Indessen weichen die neueren Haus- 
gesetze von diesem Grundsatze vielfach ab, indem sie den Söhnen des Souveräns 
vom Tage der Volljährigkeit oder von einem sonstigen Zeitpunkte, etwa Begrün- 
dung des eigenen Haushalts, an gerechnet das Recht auf A. einräumen; eine Be- 
stimmung, die auch in den Hausgesetzen der Mediatifirten vorkommt. Das Recht auf 
A. ist jedoch von anderen Umständen, insbesondere von dem Vorhandensein ander- 
weitiger Subfistenzmittel, da sie eine Entschädigung für ein verlorenes Recht ist, ge- 
meinrechtlich ganz unabhängig, und es ist eine Singularität, wenn früher in manchen 
katholischen Häusern mit Erlangung einer geistlichen Pfründe das Recht auf die A. 
erlosch. — Die Größe der A. richtet sich im Allgemeinen nach der Größe des auf- 
gegebenen Rechts, insbesondere des Familienvermögens, oder, wie bereits das erste 
deutsche Primogenitur-Gesetz, die Goldene Bulle, sich ausdrückte, iuxta ipsius pa- 
trimonü facultates; es würde daher bei wesentlichen Veränderungen in der Größe 
des Hausvermögens eine Veränderung in der Höhe der A. dem Geiste des Rechts- 
instituts entsprechen, es wird aber kaum behauptet werden können, daß, abgesehen 
von diesfallsigen Bestimmungen der Hausgesetze, ein Rechtsanspruch von der einen 
oder anderen Seite begründet sei. Uebrigens finden sich hinsichtlich der Vertheilung 
der A. unter die einzelnen Familienglieder zwei Systeme. Es werden nänlich ent- 
weder die Linien ausgestattet oder die Individuen. Das erstere System ist der 
Natur der A. am meisten gemäß, war auch früher das allgemeine und findet sich 
auch noch in den neueren Hausgesetzen von Bayern, Sachsen und Württemberg; 
dasselbe dotirt die einzelnen Linien, die A. kommt in den Erbgang, so daß also 
die Söhne die A. des Vaters unter sich theilen, und fällt mit dem Erlöschen des 
letzten apanageberechtigten Sprossen der fraglichen Linie heim; das System heißt 
danach Heimfalls= oder Erbgangssystem; es ist nun klar, daß unter Umständen die 
Erb-A. so klein werden kann, daß sie zum standesmäßigen Auskommen nicht mehr 
hinreicht; es ist deshalb vielfach ein Minimum bestimmt, bei dessen Eintritt sie 
auf eine gewisse Höhe ergänzt wird. Das andere System kommt in vielen neueren 
Hausgesetzen vor, z. B. in Baden; dasselbe dotirt die einzelnen Individuen, die A. 
kommt dann nicht in den Erbgang, fällt vielmehr beim Tode des Betreffenden heim, 
die Höhe wird nach der Nähe der Verwandtschaft bestimmt; es ist nun klar, daß 
unter Umständen die Gesammtsumme der zu zahlenden A. so groß werden kann, 
daß sie das verpflichtete Subjekt übermäßig belastet; es ist deshalb vielfach ein 
Maximum festgesetzt, bei dessen Eintritt die einzelnen A. verkleinert werden. — Die 
Leistung der A. geschieht entweder seitens des Hausvermögens, eventuell der Civil- 
liste, oder seitens des Landes, in letzterem Falle unter landständischer Konkurrenz. 
Eine besondere Art der A. ist das Paragium oder richtiger Partagium (Du 
Cange s. v.). Man versteht darunter eine Abfindung der Nachgeborenen mit 
Land und Leuten, eine Verleihung von Immobilien mit Hoheitsrechten untergeord- 
neter Art, wie solche früher mit dem Grundbesitze überhaupt verbunden waren. 
Die Anwendung des Paragiums erfolgte zu den Zeiten der Einführung der Primo- 
genitur aus dem doppelten Grunde, weil dasselbe einerseits in der Gewährung von 
untergeordneten Regierungsrechten einen Uebergang zu der völligen Unterthanen- 
schaft der Nachgeborenen darbot, und weil andererseits bei dem Zustande der dama- 
ligen Volkswirthschaft und des Finanzwesens eine Geldabfindung nicht durchführbar 
war. Mit der fortschreitenden politischen und wirthschaftlichen Entwicklung sind 
aber die Paragien allmählich erloschen; das letzte Beispiel derselben war die sog. 
v. Holtzendorff Ene. II. Rechtslexikon I. 3. Aufl. 9
	        
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