Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Apothekergewerbe. 133 
Gute Apotheken sind nur möglich, wenn ihre Zahl eine beschränkte ist, und es 
handelt sich daher nur darum, das Maß der Beschränkung zu finden. Meiner 
Ansicht nach würde sich das am sichersten von selbst finden, wenn die Apotheken 
Kommunaleinrichtungen würden. Ihre Güte würde am meisten gesichert sein, wenn 
eine städtische und ländliche Gemeinde, oder ein Komplex von Gemeinden sich eine 
Apotheke einrichtete und für die Erhaltung der gesetzlichen Anforderungen bürgte. 
Mir ist es unmöglich, gegenüber dem Andrängen von Konkurrenten, Kontrollmaß= 
regeln zu ersinnen, durch welche die Behörde im Stande wäre, bei der immer wach- 
senden Zahl der Geschäfte die Gesundheit des Volks zu schützen.“ (Sten. Ber. 
1873, Bd. II. S. 774.) 
Nach jahrelangen Verhandlungen innerhalb des Bundesraths ist dann diesem 
letzteren seitens des Reichskanzlers unterm 28. Mai 1877 der Entwurf eines Apo- 
thekengesetzes nebst verschiedenen Anlagen, insbesondere einer Uebersicht der lan- 
desgesetzlichen Bestimmungen, betr. Erwerb und Besitz der Apotheken, einer Anzahl 
statistischer Tabellen, einer Denkschrift des Reichskanzleramts, und eines den Ten- 
denzen dieser Denkschrift im Gegensatz zu den Direktiven des Bundesraths ent- 
sprechenden Gesetzentwurfs vorgelegt. (Diese sämmtlichen Materialien in Hirth's 
Ann. Bd. X Jahrg. 1877. S. 926 — 972.) Und zwar hat der primäre Entwurf 
in Gemäßheit der früheren Bundesrathsbeschlüsse das Prinzip der sog. Personal= 
konzession zu Grunde gelegt, wonach die Konzession an die Person des kon- 
zessionirten Apothekers geknüpft wird und mit dessen Austritt aus der Apotheke, 
resp. mit seinem Tode erlischt, während dem Gegenentwurfe des Reichskanzleramts 
das Prinzip der Realkonzession zur Grundlage dient, wonach die Errichtung einer 
Apotheke gleichwie die Errichtung einer konzessionspflichtigen Fabrik von der Ge- 
nehmigung der zuständigen Behörde abhängig ist, diese Genehmigung aber mit der 
Person des Apothekeninhabers in keinem Zusammenhange steht, und also ver- 
äußert werden kann. 
II. Die Ausübung des A. Es handelt sich dabei wesentlich um ein Doppeltes: 
theils um den Umfang der dem A. unterliegenden Materialien, theils um die Art 
der Zubereitung der Medikamente. In ersterer Beziehung war auf Grund des § 13 
Tit. 1 der Revidirten Apotheker-Ordnung vom 11. Okt. 1801 ein besonderes 
Reglement über den Debit der Arzneiwaaren unterm 19. Jan. 1802 (N. C. C. 
XI. 749. Rabe VII. 14) erlassen worden, welches in Verbindung mit dem der 
Apotheker-Ordnung selbst beigefügten Verzeichnisse (N. C. C. XI. 573. Rabe 
VI. 624) den zwischen den Apothekern und Materialisten über den privativen und 
kumulativen Debit der rohen Arzneiwaaren bestandenen Streit regelte. An die 
Stelle desselben ist jedoch später für den ganzen Umfang der Monarchie das Regle- 
ment vom 16. Sept. 1826, betr. den Debit der Arzneiwaaren, getreten, welches 
theils allgemeine Grundsätze aufstellte, theils in drei Verzeichnissen den Verkauf und 
Handelsverkehr mit den Materialien im Einzelnen regulirte. Auf Grund der aus- 
drücklichen Vorschrift des § 5 dieses Reglements, wonach die drei Verzeichnisse von 
Zeit zu Zeit einer Revision unterworfen und nach Maßgabe der weiteren Fort- 
schritte der Wissenschaft und der Bedürfnisse der Gewerbe ergänzt und abgeändert 
werden sollten, ist, unter Aufrechthaltung des sonstigen Inhalts des Reglements 
vom 16. Sept. 1826, durch die Bekanntmachung vom 29. Juli 1857, betr. den 
Debit der Arzneiwaaren, eine den veränderten Bedürfnissen entsprechende Revision 
der drei Verzeichnisse herbeigeführt worden. Da nun nach der ausdrücklichen Vor- 
schrift im zweiten Absatze des § 6 der Reichs-Gewerbe-Ordnung festgestellt ist, daß 
eine Verordnung des Bundespräsidiums bestimmen wird, welche Apothekerwaaren 
dem freien Verkehre zu überlassen sind (obgleich der § 6 im Uebrigen vorschreibt, daß 
die Bundes-Gewerbe-Ordnung auf den Verkauf von Arzneimitteln keine Anwen- 
dung finde), so ist jene Kaiserliche Verordnung, betr. den Verkehr mit Apotheker- 
waaren, unterm 25. März 1872 erlassen worden (R.G.Bl. S. 85 ff.), welche
	        
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