Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Archidiakonat. 139 
sei es durch die Marktverhältnisse oder die Richtung der Spekulation — an verschiedenen 
Orten bewirkte Kursdifferenz ins Auge (doch ist dieser Gegensatz weder ausschließend 
noch ausnahmslos anerkannt). Das Arbitriren ist demnach das Abwägen der 
Preise (Kurse), Zzu welchen Wechsel sowie andere börsengängige Werthpapiere und 
Waaren an verschiedenen Plätzen zugleich gehandelt werden, ein Abwägen, welches 
geschieht, um wählen zu können, von welchem Platze aus man (d. i. der Arbi- 
trageur) das gesuchte Papier rc. beziehen oder sofern man verkaufen will, an 
welchem Platz man versenden könne, um Gewinn zu machen oder Verlust zu meiden. 
Hiernach ist klar, daß ohne A. eine über mehrere Plätze sich ausdehnende Handels- 
operation, sie bestehe in Effektivlieferung oder Prämien= oder Differenzenspekulation, 
nicht denkbar, das Resultat des Arbitrirens folglich die kaufmännische Grundlage 
einer Reihe von Handelsgeschäften, von Fix-, Prämien-, Differenz= und Report- 
geschäften ist. Wenn demnach das Arbitriren auch bei den Spekulationsgeschäften 
eine einflußreiche Rolle spielt, so liegt doch die größte Bedeutung desselben in der 
Endabwicklung (Realisation) von Handelsoperationen, im sogen. Arrangiren von 
Zeitgeschäften, in der Ausgleichung der zu realisirenden Differenzen 2c. Der Arbi- 
trageur wählt auch zur Ausgleichung von Schulden wo möglich einen Weg, der 
ihm Gewinn bringt, d. h. wenigstens möglichst geringe Kosten verursacht; das 
Arbitriren ist demnach auch eine kaufmännische Grundlage für Kompensationen und 
Skontrationen in Bezug auf Forderungen und Schulden, welche an verschiedenen 
Plätzen erwachsen find; ebenso bietet die A. die rechnerische Basis für die Ver- 
wendung von Tratten als Rimessen sowie auch für die wechselmäßige Regreßnahme, 
sofern dem Regreßnehmer eine Wahl unter mehreren an verschiedenen Plätzen do- 
mizilirenden Regreßpflichtigen thatsächlich offen steht und der Kurs vom Zahlungs- 
ort des Wechsels bzw. beim Remboursregreß, vom Wohnorte des Regreßnehmers 
auf die Wohnorte der verschiedenen Regreßpflichtigen ein verschiedener ist. Die A. 
bei der Wechselregreßnahme wird juristisch dadurch ermöglicht, daß die A. D. 
WO. neben der solidarischen Haftbarkeit der Indossanten den springenden Regreß 
nach dem System der fingirten Rücktratte und der mehrfachen Retourrechnung unter 
Aufrechthaltung des vollen Variationsrechts gestattet; dadurch ist der Wechselregreß- 
nehmer rechtlich in die Lage versetzt, den Regreß auf denjenigen Platz nehmen zu 
können, gegen welchen der Wechselkurs zu seinen Gunsten steht. (Vgl. im Uebrigen 
d. Art. Kursberechnung.) Wenn endlich von einem besonderen A.geschäft 
gesprochen wird, so ist darunter Nichts von besonderer juristischer Eigenthümlichkeit 
zu verstehen, sondern damit lediglich eine auf A. gegründete privathandelspolitische 
Kombination mehrerer juristisch von einander getrennter Rechtsgeschäfte (über Werth-- 
papiere) bezeichnet: der Arbitrageur in diesem Sinne sucht durch den Spekulations- 
ankauf das Papier billiger zu erwerben, als er es durch den nachfolgenden (Reali- 
sations-) Verkauf zu veräußern hofft (Spekulation à la hausse), er sucht im Spe- 
kulationsverkauf (Uebernahme einer Lieferung, s. HG. Art. 271, Ziff. 2) theuerer 
zu liefern, als er selber zum Zweck der Realisation anzuschaffen hofft (Spekulation 
à la baisse). In dem Unterschiede zwischen den ausgegebenen und eingenommenen 
Kaufpreisen (oder den diese vertretenden Differenzen oder Prämien) ist der Gewinn 
enthalten, wenn die A#spekulation gelingt. # · 
Lit.: Grünhut, Das Börsen= und Mäklerrecht und seine Neugestaltung in Oesterreich 
(Wien 1875), S. 72; Derselbe in seiner Zeitschrift f. d. Privat= u. öffentliche R. der Gegen- 
wart 1875, Bd. II. S. 606. Gareis. 
Archidiakonat. Der Archidiakonus war in älterer Zeit der Vorgesetzte der 
Diakonen an der bischöflichen Kirche und schon frühzeitig als nächster Gehülfe des 
Bischofs bei dem Regiment der Dihzese betheiligt, die hierzu in einzelne, den Gau- 
verbänden entsprechende A. zerfiel. Da diese Stellung mit dem Range seiner Weihen 
nicht übereinstimmte, wurde sein Amt allmählich von Priestern verwaltet und nach 
Ausbildung der Stiftsverfassung in der Regel mit der Propstei innerhalb der Dom-
	        
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