12 Ablehnung des Richters.
Eivilprozeß (s. unten) hierüber gewirkt. Die Entscheidung kommt (unter Offenhaltung
sofortiger Beschwerde gegen die Zurückweisung der A.) dem Gericht zu, dem
der Abgelehnte angehört, bei Untersuchungsrichtern und Amtsrichtern dem zu-
nächst über ihm stehenden Kollegium, dem Landgericht (§ 28 D. Straf O.). Na-
türlich stimmt der abgelehnte Richter nicht mit. Der Fall der A. eines ganzen
Gerichtes ist direkt nicht geregelt und mit dem in den Motiven vorausgesetzten
Fall der A. aller Mitglieder des Gerichtes nur in der Wirkung, nicht in der mög-
lichen Begründung identisch. In dem Falle, wo alle einzelnen Mitglieder des Ge-
richtes oder doch so viele derselben von den geltend gemachten Ablehnungsgründen
berührt werden, daß das Gericht beschlußunfähig wird, muß das nächst höhere
Gericht über die Ablehnung entscheiden (D. StrafPO. § 27 Abs. 1).
Da man unter dem „Gericht, welchem der Abgelehnte angehört“, die Ab-
theilung versteht, so liegt die Gefahr der Beschlußunfähigkeit auch bei einzelnen
A. sehr nahe; indeß ist durch §§ 62 und 66 des GVG. dafür gesorgt, daß
eventuell selbst alle Mitglieder der Abtheilung durch Stellvertreter ersetzt werden
können; es wird daher die (wegen der daraus leicht erwachsenden Nothwendigkeit
eines Aufschubes der Hauptverhandlung) immer mißliche Devolution an das höhere
Gericht nur selten eintreten. — Die Wirkung des A.gesuches besteht darin, daß
der Abgelehnte sich einstweilen jeder Handlung zu enthalten hat, welche Aufschub
gestattet. Eben darum war es nothwendig, durch Festsetzung von Fristen Miß-
brauch fern zu halten. Das auf Besorgniß der Befangenheit (nicht das auf einen
Ausschließungsgrund) gestützte A.sgesuch ist in der Hauptverhandlung erster Instanz
nur bis zur Verlesung des Beschlusses über die Eröffnung des Hauptverfahrens, in
der Rechtsmittelinstanz nur bis zum Beginne der Berichterstattung zulässig (§ 25
D. StrafPO.). Späteres Bekanntwerden des A.sgrundes kommt nicht in Be-
tracht. (Schwarze bei § 25 Z. 4). Die Verhandlung vor dem erkennenden
Gericht ist nichtig, wenn entweder ein abgelehnter Richter oder ein solcher, dessen
A. mit Unrecht zurückgewiesen wurde, mitgewirkt hat (§ 377 Z. 3 D. StrafPO.).
Die Bestimmungen über A. der Richter finden auch auf Schöffen und Gerichts-
schreiber Anwendung.
Die Oesterr. Straf PHO. von 1873 (58§8.72—74) steht prinzipiell auf demselben
Standpunkte wie die Deutsche. Sie läßt jedoch über die A. in der Regel den Vor-
steher des Gerichtes, welchem der Abgelehnte angehört, entscheiden; nur wenn ein
Bezirksrichter (Einzelrichter), der Vorsteher eines Gerichts oder ein ganzer Gerichts-
hof abgelehnt wird, entscheidet das nächst höhere Richterkollegium. Das A.s-
gesuch soll, wo eine mündliche Verhandlung in Frage kommt, längstens 24 Stunden,
und wenn ein Gerichtshof abgelehnt wird, drei Tage vorher angebracht werden.
Der Eid kommt als Bescheinigungsmittel nicht in Betracht. Die Selbstablehnung
ist nicht ausdrücklich erwähnt, fügt sich aber, da es sich in der Regel nur um die
Anzeige des A.sgrundes an den Vorsteher des Gerichtes handelt, von selbst
ein, findet auch ihre Analogie in der Selbstausschließung (§ 71). Maßgebend ist
die Meinung des Abgelehnten nicht. Die Entscheidung über die A. unterliegt
keiner Beschwerde; Derjenige, der der A. Folge giebt, trifft die nöthigen Anordnungen
für den Ersatz.
Die Bestimmungen der Deutschen CPO. über die A. der Gerichtspersonen
(§ 42—49) stimmen mit denen der Straf# O. nahezu wörtlich überein. Hervor-
zuheben ist nur, daß die Partei einen Richter wegen Beforgniß der Befangenheit
nicht mehr ablehnen kann, wenn sie bei demselben, ohne den ihr bekannten
A-Sgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung sich eingelassen oder An-
träge gestellt hat; die A. kann später erfolgen, wenn der A.grund erst später
entstand oder noch später bekannt wurde. — Der Eid ist auch hier als Mittel der
Glaubhaftmachung ausgeschlossen. — Ueber das A.sgesuch wird phne mündliche
Verhandlung und über die Selbstablehnung ohne vorgängiges Gehör der Parteien