Ablösungssachen. 17
lasten fallen; so ferner die Zwangs= und Bannrechte, welche nach der D. Gew. O.
v. 1869, §§ 7—10, sofern sie nicht aufgehoben find, dann der Ablösung unter-
liegen, wenn die ihnen gegenüberstehende Verpflichtung auf dem Grundbesitz, der
Mitgliedschaft in einer Korporation oder dem Wohnsitz innerhalb eines be-
lasteten Bezirkes ruht; so die auf Grund und Boden haftenden oder mit einer
Gewerbsrealität verbundenen Ehehaftsverhältnisse in Bayern (Bayer. Gesf. v.
23. Febr. 1868) 2c.
Eine fernere Voraussetzung der Ablösung ist in der Regel ein gehöriger An-
trag bei der Auseinandersetzungsbehörde. Zu einer solchen „Provokation“ ist stets.
der Eigenthümer des belasteten Grundstücks (und meist ebenso der erbliche Nutzungs-
berechtigte), nach der großen Mehrzahl der Gesetze aber mit seltenen Ausnahme-
fällen auch der Berechtigte einseitig befugt. Der Antrag kann sich auf alle ab-
lösbaren Lasten des Grundstücks zugleich oder auf einzelne derfelben richten; bis-
weilen ist jedoch die Zulässigkeit der Theilablösung beschränkt. Zurücknahme des
Antrags gegen Uebernahme aller Kosten ist bis zur Erledigung der A. durch einen
Entscheid oder Vergleich möglich. Der Antrag kann von der Behörde dann nicht
zurückgewiesen werden, wenn er eine im Gesetz unbedingt für ablöslich erklärte Last
betrifft. Dies ist die Regel. Es giebt aber auch Gesetze, welche bestimmten Lasten,
namentlich Wald= und Weideservituten, nur eine bedingte Ablösbarkeit gewähren
(z. B. Oesterreich, Preuß. Ges. f. Hannover v. 13. Juni 1873, Baden, Hessen,
Sachsen-Meiningen bei Weideberechtigungen im Falle Widerspruchs des Berechtigten,
Braunschweig 2c.). Dann folgt dem Antrage eine örtliche Untersuchung über die
Statthaftigkeit der Ablösung im konkreten Fall und es kann je nach deren Ausfall
eine behördliche Abweisung der Provokation erfolgen. — Neben der Zwangsab-
lösung auf Antrag tritt nun aber in einzelnen Deutschen Staaten hinsichtlich be-
stimmter Kategorien von Grundlasten eine Ablösung von Amtswegen ein. Dies
ist vor Allem in Oesterreich hinsichtlich aller durch die Gesetzgebung unmittelbar
gegen Entschädigung aufgehobener Lasten der Fall, wozu hier sämmtliche privat-
rechtliche Reallasten, sofern sie nicht ohne Entschädigung beseitigt sind, gehören.
Das gleiche gilt auch sonst von manchen Reallasten und namentlich von Frohnden.
In Bayern ist zwar nicht die Ablösung, wohl aber die Umwandlung aller Natural-
abgaben in ablösliche feste Geldrenten unabhängig vom Willen der Betheiligten
vollzogen. In Preußen kommt die Ablösung von Amtswegen nur bei der gelegent-
lichen Ablösung der hierzu geeignet befundenen Grundlasten im Laufe eines Zu-
sammenlegungs= oder Gemeinheitsvertheilungsverfahrens vor.
Den Inhalt der Ablösungsthätigkeit der Behörde bildet hiernächst vor Allem
die Werthermittlung des aufzuhebenden Rechts. Ueber die Werthermittlung
sind in den Gesetzen bindende Normen aufgestellt, die begreiflicher Weise hinsichtlich
der einzelnen Arten von Lasten sehr verschiedene Wege gehen. Meist wird bei allen
nicht in einer festen jährlichen Geldabgabe bestehenden Lasten der jährliche Nutzungs-
ertrag nach einer Durchschnittsschätzung in baarem Gelde fixirt, bei Naturalabgaben
und Diensten hierbei zugleich ein Durchschnittspreis und bei nicht ständigen Lei-
stungen (z. B. Besitzveränderungsabgaben) eine Durchschnittshäufigkeit des Ver-
pflichtungsfalles ermittelt und zu Grunde gelegt. Hiernach ergiebt sich zunächst der
Geldwerth der Berechtigung im Ausdruck einer jährlichen Rente. Aus dem Renten-
werth wird sodann der Kapitalwerth des Rechts nach einem gesetzlich fixirten Zins-
fuß durch einen von 18 bis 25 schwankenden Multiplikator gefunden. Bei Dienst-
barkeiten findet sich (z. B. in Preußen) statt der Ermittlung des Nutzungsertrages
auch eine Feststellung des Werths durch Ermittlung des durch die Ablösung dem
belasteten Gut erwachsenden Vortheils.
Der Werthermittlung korrespondirt die Entschädigungsfeststellung.
Da die Natur der Ablösung die einer Zwangsenteignung ist, so ist das oberste
Prinzip hierbei, daß die Entschädigung oder die sogenannte „Abfindung“ dem er-
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon I. 3. Aufl. 2