Aussetzung der Prozeßhandlung. 207
nichtig ist, so daß an ihre Stelle Derjenige tritt, welcher im Falle ihrer Nicht-
existenz berufen worden wäre; die zweite Klasse begreift solche, welche von der
Obervormundschaftsbehörde nicht anerkannt werden, so daß diese selbst einen Vor-
mund ernennt. Nur die letztgedachten A. werden von den Neueren ercusationes
necessariae genannt. Ueber die excusationes volyntariae s. d. Art. Ablehnungs---
gründe des Vormundes. Da die Vormundschaft ein munus publicum ist,
so gehören zur ersten Klasse solche, welche keine politische Rechtsfähigkeit besitzen
(Nichtbürger), sowie diejenigen, welche wegen eigener Schutzbedürftigkeit selbst eines
Vormundes bedürfen (Frauen mit Ausnahme der Mutter und Großmutter, Minder-
jährige, gerichtlich erklärte Verschwender und endlich solche, welche wegen moralischer
Mängel, wie unehrbares Leben, Entsetzung von einer früheren Vormundschaft, Be-
stechung behufs Erlangung der Vormundschaft des Amtes unwürdig sind). Zur zweiten
Klasse gehören Geisteskranke, Stumme, Taube, Blinde sowie gewisse relativ Be-
hinderte (Feindschaft mit dem Vater, Statusprozeß mit dem Mündel, obligatorisches
Verhältniß zwischen Vormund und Mündel, Verschiedenheit des Glaubens, Verbot
der Eltern, Ehe und Verlöbniß mit der Pflegebefohlenen, Befürchtung eines Nach-
theils für den Mündel). Das Deutsche R. stellte überhaupt den Grundsatz auf,
daß Diejenigen, welche selbst einen Vormund nöthig haben, nicht selbst Vormund
sein können und schließt alle nicht vollkommen freie Männer aus, während die
Standesverschiedenheit kein A. ist. Reichsgesetzlich bewirkt jetzt die Aberkennung
der bürgerlichen Ehrenrechte die Unfähigkeit während der im Urtheil bestimmten
Zeit, Vormund zu sein, außer für Verwandte in absteigender Linie, wenn die Ober-
vormundschaftsbehörde die Genehmigung ertheilt. Partikularrechtlich sind die Ge-
sichtspunkte des Röm. R. für die Beurtheilung der Unfähigkeit beibehalten, dagegen
die Unterscheidung der beiden Klassen nach ihren Wirkungen aufgegeben. Aus-
geschlossen ist ferner noch in der Regel der Gemeinschuldner während der Dauer
des Konkursverfahrens. Zum Ausschluß genügt nach einigen Rechten die bloße
Verfügung der Obervormundschaftsbehörde, nach anderen bedarf es namentlich bei
den relativen Gründen eines fömlicheren Verfahrens bzw. eines Beschlusses des
Familienrathes auf Grund einer vorgenommenen nicht öffentlich geführten Unter-
suchung. Bischöfe und Mönche waren nach Röm. R. unfähig, während ihnen das
Kan. R. nur einen Ablehnungsgrund gegeben hat.
Quellen u. Lit.: Tit. Cod. 5, 35.— I. 5 C. 5, 30. — I. 32- D. 26, 2. — § 2 J. 1, 14.—
1. 18 S D. 26, 10.— 1. 21 § 6D. 26, 5. — I. 1 8§ 2, 3; I. 17 D. 26, 1. — I. 1
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4. — I. 40 D. 27, 1. —I. 3 C. 5, 34. — I. un. C. 5, 67. — I. 3 § 12 D. 26, 10. 6 F 17
D. 27, 1. — 1. 8—10 D. 26, 3. — §§ 9—11 J. 1, 25. — I. 27 J§ 1D. 26, 2. — I. 6 § 18 D.
27, 1. — § 12 J. 1, 25. — Nov. 72 cc. 1—4. Nov. 94 c. 1. — I. 21 § 2 D. 26, 5. —
I. un. C. 5, 47. — I, 1 § 5 D. 27, 1. — I. 4, 17 C. 5, 62. I. 2 C. 5, 34. — I. 3 F. 12 D.
6, 10. — C. 40 C. 16 qu. I. — RöStraf GB. § 34, Nr. 5. — Bayer. LR. I, 7 8 3. —
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Oesterr. BGB. 88 193, 194. — Sächs. BGB. §s 1885 ff. — Cod. civ., art. 442—449. —
Cod. pén., art. 28, 32, 34, 42, 325.— Preuß. Vormundschafts-Ordnung v. 5. Juli 1875, F 21.
— Cod. Civ. Ital., art. 268—271. — Außer den Lehrbüchern des Priv. R. noch: Rudorff,
Das Recht der Vormundschaft (1833), II. S. 15—43 — Kraut, Die Vormundschaft nach
den Grundsätzen des Deutschen R. (1835), I. S. 55—61. — AubrF et Rau, Cours de droit
civil franc., I. p. 417—421. — Wegen der Preuß. Vormundschafts-Ordnung die Kommentare
von Anton, Neumann, Wachler, Hesse. — Dernburg, Das Vormundschaftsrecht
der Preuß. Monarchie (1876 2. Aufl.), S. 122 ff. — Lyon, Geharnischte Streifzüge in die
Vormundschafts-Ordnung 1879, S. 51 ff. Kayser.
Aussetzung der Prozeßhandlung kommt vor im Civilprozeß, und zwar
nicht sowol mit der Bedeutung einer stillschweigenden Anerkennung des gegnerischen
Anspruchs oder eines Verzichtes auf die Weiterführung des Prozesses, also nicht in
dem Sinne und mit den Folgen einer Versäumniß oder schuldbaren Unterlassung
einer Prozeßhandlung, sondern vielmehr in der Bedeutung und mit der Wirkung
einer bloßen Hinausschiebung der Handlung behufs ihrer späteren Vornahme.