Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

208 Aussetzung der Prozeßhandlung. 
Grundsatz und Regel der CPO. ist es, daß der einmal anhängig gewordene Prozeß 
ohne Stillstand zu Ende geführt wird. Der Prozeßbetrieb ist im Allgemeinen den 
Parteien überlassen, und giebt das Gesetz ihnen Mittel in die Hand, den fäumigen 
Gegner zur Fortsetzung zu zwingen. Von dieser Regel bildet die A. d. P. eine 
Ausnahme. Sie kann sich beziehen entweder auf eine einzelne Prozeßhandlung oder 
auf das gesammte Verfahren. 
1. Die A. einer einzelnen Prozeßhandlung kann eine unter den Parteien 
vereinbarte, eine von Amtswegen angeordnete oder eine durch die Schuld der Gegen- 
partei herbeigeführte sein. Parteien sind befugt, nicht allein die Verlängerung 
einer richterlichen oder gesetzlichen Frist (nicht auch einer Nothfrist), sondern auch 
die Aufhebung eines Termins, also die A. einer P. unter sich zu vereinbaren und 
sodann bei dem Gericht die Anberaumung eines neuen Termins zu beantragen 
(§ 205 der CPO.). Auch nach bereits begonnener Verhandlung ist das Gericht be- 
rechtigt, von Amtswegen die Verlegung des Termins und die Vertagung der Ver- 
handlung zu beschließen, ein Fall, der nicht beantragt, wohl aber durch thatsächliche 
Umstände, z. B. die unterlassene Einreichung von Abschriften der Schriftsätze, be- 
dingt werden kann (§ 206 l. c.). Durch die Schuld der Partei kann eine A. der 
Verhandlung nothwendig werden, wenn sie es unterlassen hat, thatsächliche Be- 
hauptungen, Beweismittel oder Anträge, auf welche der Gegner voraussichtlich ohne 
Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, diesem mittels vorbereitenden Schrift- 
satzes zeitig genug mitzutheilen (§ 245 l. c.). Der nicht vorbereitete, sonach 
nicht im Vertheidigungszustande befindliche Gegner kann die A. der Verhandlung 
verlangen. 
2. Betrifft die A. das ganze Verfahren, erleidet also der Prozeßbetrieb eine 
Störung, so kann sie a) auf dem vereinbarten und entweder ausdrücklich oder still- 
schweigend erklärten Willen der Parteien beruhen, oder b) auf Grund des Gesetzes 
selbst eintreten, oder c) vom Richter auf Antrag oder von Amtswegen angeordnet 
werden. Sind die Parteien übereingekommen, den Prozeß auf bestimmte oder un- 
bestimmte Zeit nicht fortzusetzen, so hört auch die Prozeßthätigkeit des Gerichts auf; das 
Verfahren ruht (§5 228 der CPO.). Die Vereinbarung ist eine stillschweigende, 
wenn beide Theile in einem Termine zu einer mündlichen Verhandlung nicht er- 
scheinen. Die weitere Fortsetzung des Verfahrens kann nur dadurch herbeigeführt 
werden, daß eine Partei die andere zu einer mündlichen Verhandlung ladet. Da 
an der Fortsetzung und Beendigung des Rechtsstreits der Beklagte ein ebenso großes 
Interesse haben kann, wie der Kläger, so steht es ihm ebenso, wie diesem, frei, die 
Ladung ergehen zu lassen. Das Ruhen des Verfahrens hat keinen Einfluß auf den 
Lauf der Nothfristen. Die Versäumung derselben hat trotz der A. des Verfahrens 
die gesetzlichen Folgen für den Säumigen. Tritt die A. in Folge des Gesetzes ein, 
so wird sie in der CPO. als Unterbrechung des Verfahrens bezeichnet. Sie 
unterscheidet sich von dem Ruhen des Verfahrens dadurch, daß während ihrer 
Dauer der Lauf jeder Frist aufhört, und nach ihrer Beendigung in vollem Umfange 
von Neuem beginnt. Jede inzwischen vom Gegner vorgenommene Prozeßhandlung 
ist ohne Wirkung. Die Fälle der Unterbrechung, deren Eintritt sonach einer richter- 
lichen Anordnung nicht bedarf, sind a) der Tod einer durch einen Prozeßbevoll- 
mächtigten nicht vertretenen Partei; b) die Eröffnung des Konkurses über das 
Vermögen einer Partei, sobald der Rechtsstreit die zum Konkurse gehörige Ver- 
mögensmasse (also nicht auch z. B. Statusfragen) betrifft; c) der Verlust der 
Prozeßfähigkeit einer Partei, der Tod des gesetzlichen Vertreters einer solchen oder 
das Aufhören der Vertretungsbefugniß, ohne daß die Partei selbst prozeßfähig wird, 
ein Fall, der sich auch auf die einer nicht prozeßfähigen Partei bestellten besonderen 
Vertreter (§ 55 l. c.) bezieht; d) der Tod des Prozeßbevollmächtigten oder der 
Eintritt der rechtlichen oder thatsächlichen Unfähigkeit desselben, jedoch nur bei 
nothwendiger Vertretung, also in Anwaltsprozessen; e) der Eintritt eines Justi-
	        
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