Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Aussetzung der Prozeßhandlung. 209 
tiums. Wird endlich die Unterbrechung vom Richter angeordnet, so spricht das 
Gesetz von einer „A. des Verfahrens“. Es treten für die Dauer derselben die 
gleichen Folgen ein, wie bei der Unterbrechung. Der ihr zu Grunde liegende 
Gedanke ist der, daß entweder durch die Lage der Sache oder durch äußere Um— 
stände den Parteien eine wirksame Vornahme von Prozeßhandlungen unmöglich 
gemacht ist. Sie kann von Amtswegen oder auf Antrag angeordnet werden, von 
Amtswegen, wenn a,) die Parteien oder eine derselben zu Kriegszeiten sich im 
Militärdienst befinden oder sich an einem Orte aufhalten, welcher durch rechtliche 
oder thatsächliche Hindernisse von dem Verkehr mit dem Gerichte abgeschnitten ist 
(8 224 I1. c.); b) wenn die Entscheidung des Rechtsstreites von dem Ausfall eines 
anderen bei Gericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Rechtsstreites ab- 
hängt, oder die Ermittlung einer im Laufe des Prozesses zur Sprache gekommenen 
strafbaren Handlung auf die Entscheidung von Einfluß ist (§5 139, 140 l. c.); 
c) wenn in Ehescheidungssachen die Aussöhnung der Parteien nicht unwahrscheinlich 
ist 580 1. c.); d) wenn von der Verwaltungsbehörde der Kompetenzkonflikt er- 
hoben wird (§ 15 Nr. 1 Einführungsgesetz zur CPO.). Die A. kann beantragt 
werden a) wenn die durch einen Prozeßbevollmächtigten vertretene Partei stirbt 
oder der Prozeßfähigkeit verlustig geht oder ihren gesetzlichen Vertreter verliert, in 
welchen Fällen der Prozeßbevollmächtigte der betreffenden Partei, im Falle des 
Todes aber neben ihm auch der Gegner den Antrag stellen kann; b) wenn ein 
Hauptintervenient in den Prozeß eintritt (§ 62 CPO.). Der Antrag kann mittels 
Privatschrift oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers angebracht werden. Wird er 
abgelehnt, so steht dem Antragsteller gegen den Beschluß die sofortige Beschwerde 
zu; wird ihm stattgegeben, so hat der Gegner gegen den Beschluß die einfache Be- 
schwerde, eine Verschiedenheit der Rechtsmittel, welche auf dem Gedanken basirt, 
daß der Angriff gegen den ablehnenden Beschluß an eine Frist gebunden sein muß, 
weil er nicht, wie im anderen Falle, durch die Lage der Sache zeitlich begrenzt ist. 
In allen Fällen der Unterbrechung und A. des Verfahrens erfolgt nach Beseitigung 
des Hindernisses die Wiederaufnahme durch eine Prozeßhandlung derjenigen Partei, 
auf deren- Seite der Anlaß zur A. lag. Die Handlung besteht in der Zustellung 
eines Schriftsatzes, durch den dem Gegner die Anzeige von der Erledigung des 
Hinderungsgrundes gemacht wird. Wird die Vornahme dieser Prozeßhandlung ver- 
zögert, so ist der Gegner befugt, sie zu erzwingen (§ 221 l. c.). 
Obwol in dem Strafverfahren die die A. von Prozeßhandlungen bedingenden 
Verhältnisse nicht eintreten können, weil der Betrieb derselben dem Gerichte obliegt und 
die persönliche Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung der Regel nach 
nothwendig ist, kennt es dennoch gleichfalls eine A. theils der ganzen Untersuchung, 
theils nur der Hauptverhandlung. Erstere, vom Gesetz als vorläufige Einstellung 
bezeichnet, tritt ein, wenn nach abgeschlossener Voruntersuchung die Abwesenheit 
des Angeschuldigten oder eine inzwischen eingetretene Geisteskrankheit defselben die 
Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung ausschließt. Sie erfordert einen Be- 
schluß des Gerichts und dauert bis nach der Beseitigung des Hindernisses. Eine 
A. der Hauptverhandlung hat in folgenden Fällen zu erfolgen: a) wenn einer der 
geladenen Zeugen oder Sachverständigen in der Hauptverhandlung ausbleibt, 
sobald nicht die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte übereinstimmend auf seine 
Vernehmung verzichten (§ 244 Straf PO.). Eine Ausnahme macht das schöffen- 
gerichtliche Verfahren, in welchem der Umfang der Beweisaufnahme von dem 
alleinigen Ermessen des Gerichts abhängt; b) wenn im Falle einer nothwendigen 
Vertheidigung der Vertheidiger ausbleibt oder sich weigert, die Vertheidigung zu 
führen oder wenn ein dem Angeklagten bestellter Vertheidiger nicht erscheint. Da 
im ersteren Falle der Angeklagte nicht ohne Vertheidiger bleiben darf, im letzteren 
aber ein vom Gericht bereits anerkanntes Recht auf einen solchen hat, ist das Ge- 
richt befugt, ihm entweder sofort einen anderen zu bestellen oder die Verhandlung 
v. Holpendorff, Enec. II. Rechtslexikon I. 3. Aufl. 14
	        
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