Baumeister — Baurecht. 237
Partikularrechtlich sind diese aber vielfach hinsichtlich der Pfarrkirchen und Pfarr-
häuser modifizirt; so hat in Oesterreich und Preußen der Patron ohne Rücksicht
auf einen etwaigen Bezug kirchlicher Einkünfte bei Unzulänglichkeit der Fabrika.
sofort für bestimmte Leistungen (baare Auslagen, resp. eine Quote der Baukosten)
einzutreten, während das Französisch-Rheinische R. die fubsidiäre Verpflichtung auf
die Civilgemeinden gelegt hat. — Der Umfang der Haftbarkeit der Verpflichteten
bestimmt sich nach dem Gemeinen katholischen Kirchenrecht folgendermaßen: die
Fabrika haftet nicht blos mit ihren Zinsen, sondern das Kapital derselben kann
auch insoweit angegriffen werden, als noch ein für die Bestreitung der sächlichen
und persönlichen Ausgaben des Gottesdienstes ausreichender Fonds übrig bleibt.
Was die in zweiter Linie wegen des Bezuges von kirchlichen Einkünften neben ein-
ander haftenden Personen betrifft, so wird ihre proratarische Pflicht nach Maßgabe
ihrer jährlichen nach einem Durchschnittsbetrage festzustellenden, beitragspflichtigen
Bezüge bestimmt. Bei den Parochianen geschieht die Vertheilung gewöhnlich nach
dem für die Gemeindelasten bestehenden Maßstab. Diese Grundsätze gelten für
Neubauten, Erweiterungen und Reparaturen der gedachten kirchlichen Gebäude.
Jedenfalls müssen die Kosten für die zum Gebrauche des Gebäudes als solchen noth-
wendigen und wesentlichen Bestandtheile (also z. B. für den Hauptaltar) von den
Verpflichteten bestritten werden, während hinsichtlich der Beschaffung der sonstigen
Kircheneinrichtung (z. B. der Orgeln, Glocken, Kirchenstühle 2c.) eine große Mannig-
faltigkeit der Gesetzgebung und des Gewohnheitsrechts, in Ermanglung derartiger
Normen aber in der Praxis mancher Streit (s. Seuffert, Arch. Bd. 4. Nr. 73;
12. Nr. 301; 14. Nr. 48) herrscht. Dagegen umfaßt die Pflicht zur B. jeden-
falls nicht die Verbindlichkeit zur Tragung der Kosten für die Anschaffung der
nicht in Verbindung mit dem Gebäude stehenden gottesdienstlichen Geräthschaften
und Utensilien (wie z. B. der Meßgewänder und sonstigen Paramente).
Ueber die Personen der Verpflichteten nach evangelischem Kirchenrecht ist gleich-
falls a. a. O. S. 686 das Nöthige bemerkt. Die partikularrechtlichen Abweichungen
sind hier mitunter dieselben, die für das katholische Kirchenrecht vorkommen, weil,
wie z. B. durch das Preuß. LR., die Verhältnisse beider Konfessionen in einem
einheitlichen staatlichen Gesetz geregelt find. Eine prinzipielle Abweichung der Grund-
auffassung des bestehenden evangelischen Rechts von dem katholischen dahin,
daß die Baupflicht der Parochianen aus dem allgemeinen Prinzip, daß die Gemeinde
ihre kirchlichen Anstalten zu erbauen und zu erhalten habe, herfließe (s. Herr-
mann), läßt sich historisch nicht nachweisen, wenngleich jenes Prinzip für eine
Neugestaltung des lirchlichen Steuerwesens gewiß als richtig anerkannt werden muß.
Lit.: Permaneder, Die Kirchl. Baulast nach Gem. kan. u. Bayer. R., 2. A. München
1856. — Herrmann, Zur Lehre von den Kirchenlasten, in Ztschr. f. D. R., Bd. XVIII.
S. 29 ff. « P. Hinschius.
Baumeister, Hermann, 5 4. I. 1806, 17. IV. 1877 zu Hamburg,
Präsident des Obergerichts, eine der einflußreichsten Persönlichkeiten, hervorragend
als Jurist und Richter. »
Schriften: Das Anwachsungsrecht unter Miterben nach Röm. R., Tüb. 1829. — Drei
Art. über summarische Prozesse in Hamburg, 1846. — Ueber d. Entsch. Deput. zwischen Rath
u. Bürgerschaft, 1846. — Bemerk. z. Strafsgesetzgebung, Leipz. 1847. Blicke auf einzelne
Gegenstände des Hamb. R., 1852. — Privatrecht d. freien u. Hansestadt Hamburg, 1856. —
Die halböff.-milden Stiftungen in Hamburg, 1869. — Ueber Injurien, Berlin 1880 (in d.
Sammlung gem. wiss. Vorträge). · .
Lit.: Hamb. Korrespondent 1877, Nr. 91, vom 18. April. — Binding, Normen, II.
36, 41, 89, 109, 187. Teichmann.
Baurecht im subjektiven Sinn ist die Befugniß des Grundeigenthümers, auf
seinem Eigenthum beliebig zu bauen, d. h. beliebige Anlagen über und unter dem
Boden zu errichten und zu haben, weiterhin aber auch die Befugniß, die auf seinem
Eigenthum errichteten Bauten beliebig zu benutzen. B. im objektiven Sinn ist der