Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Eisenbahngesetzgebung. 667 
Landeshoheitsrechte, ertheilt werden; auch steht es dem Reiche frei, solche Bahnen 
auf eigene Rechnung anzulegen (RVerf. Art. 41). 
II. Der Betrieb. 1) Der Betrieb im Allgemeinen. Nach den 
Preußischen Bestimmungen darf die Bahn dem Verkehre nicht eher eröffnet werden, 
als bis nach vorgängiger Revision der Anlage von der Regierung (nach § 167 
des Komp.-Gef. von dem Handelsminister, jetzt Minister für die öffentlichen Ar- 
beiten) die Genehmigung dazu ertheilt ist. Die Handhabung der Bahnpolizei wird 
nach einem darüber von dem Handelsminister zu erlassenden Reglement, welches 
zugleich das Verhältniß der mit diesem Geschäft beauftragten Beamten näher fest- 
setzt, der Gesellschaft übertragen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, die Bahn nebst 
den Transportanstalten fortwährend in solchem Stande zu erhalten, daß die Be- 
förderung mit Sicherheit und auf die der Bestimmung des Unternehmens ent- 
sprechende Weise erfolgen könne; sie kann hierzu im Verwaltungswege angehalten 
werden (Preuß. Gesetz §§ 22 ff.). Die RVerf. hat außerdem den Regierungen die 
Pflicht auferlegt, die im Bundesgebiete belegenen Eisenbahnen im Interesse des all- 
gemeinen Verkehrs wie ein einheitliches Netz zu verwalten und zu diesem Behuf 
auch die neu herzustellenden Bahnen nach einheitlichen Normen anlegen und aus- 
rüsten zu lassen. Es sollen demgemäß in thunlichster Beschleunigung übereinstim- 
mende Betriebseinrichtungen getroffen, insbesondere gleiche Bahnpolizeireglements 
eingeführt werden. Das Reich hat dafür Sorge zu tragen, daß die Eisenbahn- 
verwaltungen die Bahnen jederzeit in einem die nöthige Sicherheit gewährenden 
baulichen Zustande erhalten und dieselben mit Betriebsmaterial so ausrüsten, wie 
das Verkehrsbedürfniß es erheischt. Die Eisenbahnverwaltungen sind endlich ver- 
pflichtet, die für den durchgehenden Verkehr und zur Herstellung ineinander greifender 
Fahrpläne nöthigen Personenzüge mit entsprechender Fahrgeschwindigkeit, desgleichen 
die zur Bewältigung des Güterverkehrs nöthigen Güterzüge einzuführen, auch 
direkte Expeditionen im Personen= und Güterverkehr unter Gestattung des Ueber- 
gangs der Transportmittel von einer Bahn auf die andere, gegen die übliche Ver- 
gütung einzurichten (RVerf. Art. 42—44). — In Ausführung des Art. 43 der 
Verfassung des Norddeutschen Bundes war seitens des Bundesraths bereits unter 
dem 3. Juni 1870 ein Bahnpolizeireglement erlassen (B.G. Bl. S. 461 ff.) 
und unter dem 29. Dezbr. 1871 mit einigen Abänderungen auf Südhessen, Baden, 
MWürttemberg und Elsaß-Lothringen (nicht auf Bayern) ausgedehnt worden (R.G. Bl. 
1872, S. 34 ff.), an dessen Stelle dann das jetzt gültige Bahnpolizeireglement 
vom 4. Janpar 1875 (Centralbl. S. 57 ff.) getreten ist, welches auf alle Eisen- 
bahnen sich bezieht. Dasselbe handelt über den Zustand, die Unterhaltung und 
Bewachung der Bahn; über Einrichtung und Zustand der Betriebsmittel; über 
Einrichtung und Maßregeln für die Handhabung des Betriebes; über das Publi- 
kum; über Bahnpolizeibeamte. Das Bahnpolizeireglement enthält also z. B. Vor- 
schriften über Weichenstellungen, Einfriedigungen, Beschaffenheit der Lokomotiven 
und Wagen, der Bremsvorrichtungen, über Fahrgeschwindigkeit, Signale, Betreten 
des Bahnkörpers, Tabakrauchen 2c. Die Vorschriften reproduziren eigentlich nur 
die früheren Preußischen Bestimmungen. 
2) Das Tarifwesen. Um das natürliche Monopol, welches den Eisen- 
bahnunternehmern aus der Verbindung des Eigenthums an einer öffentlichen Straße 
mit dem ausschließlichen Transportgeschäfte auf derselben nothwendig erwächst, 
unschädlich zu machen, und eine freie Konkurrenz zur Regelung der Preise, ins- 
besondere für den Transport der Güter möglichst herzustellen, hatte das Preußische 
Eisenbahngesetz von 1838 den theoretisch durchaus richtigen Gedanken gehabt, diese 
Funktionen von einander zu trennen, indem der Handelsminister ermächtigt wurde, 
nach Ablauf der drei ersten Jahre zum Transportbetriebe auf der Bahn außer 
der Gesellschaft selbst auch Andere gegen Entrichtung des Bahngeldes, dessen Be- 
trag die Kosten der Unterhaltung und Verwaltung der Bahn nebst Zubehör, den