Full text: Rechtslexikon. Erster Band. Aagesen - Fungible Sachen. (2.1)

Erfindungspatente. 719 
der Erfindung abhängig macht, durch die Patentertheilung aber die Schutzf 
definitiv mit Ausschluß eines späteren Pragcharenterlhr zun Abschluß li n 
der Weise, daß die binnen Frist nicht angemeldeten Ansprüche als präkludirt er- 
scheinen. Den Gegensatz bildet das sog. Anmeldeverfahren, welches in Frankreich, 
den meisten übrigen romanischen Ländern und neuerdings in Oesterreich gilt und 
in der Hauptsache darauf beruht, daß einem Jeden lediglich auf Grund seiner An- 
meldung ein Patent ertheilt und der nachherigen richterlichen Beurtheilung über- 
lassen wird, ob der Patentirte wirklich ein ausschließliches Nutzungsrecht in An- 
spruch nehmen könne; ein System also, welches zwar für die Behörde sehr bequem ist, 
aber den doppelten Nachtheil hat, daß eine Menge von nutzlosen Patenten ertheilt 
werden und daß jeder Patentinhaber jederzeit genöthigt werden kann, zu klagen, resp. 
sich auf eine Klage einzulassen. Im Gegenfatz zu dem bisherigen Preußischen Verfahren 
ist jedoch an Stelle der Untersuchungsmaxime, wobei die Behörde gleichzeitig Richter 
und Opponent war, die Verhandlungsmaxime getreten, welche Parteien konsti- 
tuirt, die unter Umständen kontradiktorisch mit einander verhandeln. Das Verfahren 
gestaltet sich danach im Wesentlichen folgendermaßen. Es erfolgt zunächst die 
schriftliche Anmeldung der Erfindung nebst den dazu gehörigen Anlagen (Mo- 
dellen rc.), die Prüfung der formellen Vollständigkeit durch das Patentamt, nöthigen- 
falls die Anordnung der Vervollständigung, endlich die materielle Vorprüfung, ob 
überhaupt eine Erfindung vorliege, diese neu sei 2c. Es findet sodann das sog. 
Aufgebotsverfahren statt, d. h. die öffentliche Bekanntmachung der Anmeldung 
durch den Reichsanzeiger unter Angabe des Namens des Patentsuchers und des 
wesentlichen Inhalts des Antrags (während das vollständige Gesuch nebst den An- 
lagen für Jeden im Patentamt offen liegt, eine Einsichtnahme, welche jedoch nach 
der Bekanntmachung des Patentamts vom 13. Novbr. 1877 nur soweit reicht, als 
sie für die Erhebung und Begründung eines Einspruchs erforderlich ist und welche 
nicht zur Entnahme vollständiger Kopien der Beschreibungen und Zeichnungen be- 
rechtigt, da durch deren Veröffentlichung der Patentsucher mit seiner etwa beab- 
sichtigten Patentirung im Auslande benachtheiligt werden könnte), mit der Wirkung 
eines vorläufigen Schutzes und des Beginns einer achtwöchentlichen Frist zur Er- 
hebung von Einsprüchen gegen die definitive Ertheilung des Patents. Diese letztere 
erfolgt, nöthigenfalls auf Grund kontradiktorischer Verhandlung, durch Bekannt- 
machung im Reichsanzeiger und Ausfertigung der Patenturkunde. Im Falle der 
Versagung findet gleichfalls eine Bekanntmachung im Reichsanzeiger statt, welche 
zur Folge hat, daß die Wirkungen des einstweiligen Schutzes als nicht eingetreten 
gelten. Gegen den Beschluß ist eine Beschwerde der Parteien zulässig, die von 
einer anderen Abtheilung, und zwar regelmäßig von derjenigen, welche für das- 
selbe Gebiet der Technik zuständig ist, entschieden wird, doch kann der Vorsitzende 
bestimmen, daß neben der hiernach kompetenten Abtheilung auch noch eine oder 
mehrere andere Abtheilungen bei der Beschlußfassung in der Beschwerde-Instanz 
mitwirken sollen. Diese Entscheidung ist endgültig, eine Beschreitung des Rechts- 
weges findet nicht statt. Dieser Geschäftsgang ist allerdings zeitraubend, und es 
ist vorgekommen, daß gleichzeitig von hier aus in Deutschland und in den Ver- 
einigten Staaten nachgesuchte Patente an letzterer Stelle früher ertheilt und in die 
Hände des Deutschen Patentsuchers gelangt sind; es erklärt sich das aber einfach 
dadurch, daß die Vereinigten Staaten keine achtwöchentliche, überhaupt keine Aus- 
legungsfrist kennen, und daß also die Amerikanischen Patente, da die Postverbin- 
dung hin und zurück etwa nur vier Wochen erfordert, nothwendig einen Vorsprung 
von vier Wochen haben müssen. Zudem ist die Prüfung bei uns eine zweimalige, 
formelle und materielle, in Amerika eine einmalige. 
5) Im Interesse möglichster Oeffentlichkeit wird bei dem Patentamte eine 
„Patentrolle“ geführt, welche den Gegenstand und die Dauer der ertheilten Patente, 
den Namen und Wohnort der Patentinhaber und alles auf die Patente Bezügliche
	        
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