Prisengerichte. 163
Ges. Samml. S. 195) das Vorzugsrecht des älteren Jahrganges ausgesprochen habe,
angenommen, daß dies auch für folgende nicht näher geregelte Nachbezüge als ge-
wollt gelten dürfe (Entsch des ROP-#., XXII. 372). Dies erscheint bedenklich. Kann
angenommen werden, daß sich eine Gesellschaft allmählich zum Jahresgewinn empor-
arbeitet, so ist der letzte unberichtigte Dividendenschein der dem Gewinn nächste; die Nach-
zahlung würde zuletzt den ältesten treffen, weil er dem Jahresgewinn am fernsten stand.
Ob sich das Vorzugsrecht auf die Vertheilung bei der Liquidation erstreckt, ist
durchaus Thatfrage. Auch das Wort „Priorität“ ist hierbei nicht bedeutungslos;
daß bei dem Vorrecht zunächst an einen bestimmten Dividendenbezug gedacht wird,
führt sich darauf zurück, daß bei den P. zunächst an eine Vermögensvertheilung nicht
gedacht wurde, und deshalb hierfür keine Bestimmung getroffen ist. Es läßt sich gewiß
dafür streiten, daß in der Zusage, es solle den P. der landesübliche Zins nicht
verloren gehen, verstärkt auch enthalten ist, daß gegen einen Kapitalsverlust Garantie
geleistet werde. Eine größere Verbreitung der P. scheint nicht im Aussicht zu stehen.
Lit.: Renaud, Aktiengesellschaften. — Auerbach, Aktienwesen. — Löwenfeld, Das
Recht der Aktiengesellschaften. — Beschorner, Das Deutsche Eisenbahnrecht. — Keyßner,
Wo Derselbe in Deutsches Handelsblatt, 1873 S. 173, 176; 1874 Nr. 12,
4. — Golds chmidt, Lucca-Pistoja- Attienstreite dazu Zeitschrift für das ges. H.R. Bd. III.
izs ff. — Ladenburg, ebendas., H. VI. S. 246 6 ff. — Bekker, cbendaz- Bd. XVI.
n 2 ff. — Urth. des t Ger. elbes dorr 31. Mai 1338, ebendas., Bd. II. 155 ff. —
Sie- gfried, Die Börse und die Börsengeschichte, 3. Aufl., S. 323 ff., 637. — Koossol
Ungch Gerichtshallen, 1880 Nr. 27—33. — Bluntschli, # se 00 über die Anfprüche
der P. der Gesellschaft der vereinigten Schweizerbahnen gegen Stammaktien. — Munzinger,
desgl.; dazu Ztschr. für das ges. H. R. Bd. XIX. S. 316. — v. Stein, Zur Eisenbahnrechtst
bildung. — Meili, Die Lehre von den P. 1 3 — v. Strombeck, Ueber P. (1876);
dazu die Beurtheilungen von Wiener in Zeitschr. für das ges. H. R. XXIII. 330. — Meili,
Pfand-- und Konkursrecht der Eisenbahnen (1879); dazu Keyßner in Zeitschr. für das ges.
H.NR. XXV. 426. — Shelford, Law of joint stock comp., p. 143. — Lindley, Law
#f partnership, p. 639, 817. — Vidari, Diritto commerciale, vol. II. p. 430, 476.
Keyßner.
Prisengerichte sind bestimmt, die Ausübung des Prisenrechts im Seekriege
völkerrechtsgemäß zu reguliren. Soweit daher kriegführende Staaten nicht über-
haupt auf Seebeute verzichten, sei es durch Rückgabe saisirter Güter, sei es durch
Freigebung feindlichen Privateigenthums, sind sie völkerrechtlich verpflichtet, dem
Prisenverfahren durch Einsetzung von P. den Charakter eines Rechtsverfahrens auf-
zudrücken. Gemäß der Ausdehnung nun, in welcher das gegenwärtige internationale
Recht die Befugniß anerkennt, feindliche und neutrale Schiffe anzuhalten und auf-
zubringen, umfaßt die Prisengerichtsbarkeit: 1) die Aburtheilung der bei dauerndem
Kriegszustande durch Staatsschiffe oder durch mit Kommission versehene Privatschiffe
solcher Staaten, die der Pariser Deklaration von 1856 nicht beigetreten sind, oder
durch die Landmacht in den Häfen weggenommenen und aufgebrachten feindlichen
Privatfahrzeuge nebst deren Ladungen, insoweit letztere der Wegnahme unterliegen;
2) die Aburtheilung derjenigen neutralen Privatschiffe, die sich einer Neutralitäts-
verletzung schuldig oder verdächtig machen, sei es durch Kontrebandetransport, sei es
auch nur durch Widersetzung gegen legale Schiffsheimsuchung oder durch Blokade-
bruch, oder überhaupt durch ein Verhalten, welches Verlust des neutralen Charakters
nach sich zieht. Doch hat die Prisenjurisdiktion nicht immer diese Schranken ein-
gehalten. Noch in den Kriegen Napoleon's I., namentlich seit 1803 schwoll sie
bei Handhabung des Französischen Kontinental-, des Englischen Blokadesystems zu
ungeheuerlichem Umfange an. Nachdem mit der Restauration der völkerrechtliche
Verkehr seine normale Gestalt wieder angenommen hat, sind auch jene Auswüchse
des Seekriegsrechts nicht mehr wiedergekehrt. Die in den civilisirten Staaten an
Ausdehnung und Schärfe gewinnende Agitation für Freigebung des Privateigen-
thums im Seekriege hat zwar eine erhebliche Stütze gewonnen an einigen, dieselbe
stipulirenden Spezialverträgen; auch an dem Verfahren Preußens, Oesterreichs und
Italiens im Jahre 1866 und an der allerdings später wieder zurückgenommenen
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