Generaldebatte Schulze. 139
der Vorlage auf diesen Standpunkt stellen und sich vergegenwärtigen, daß es
Deutschland schon mehr als einmal nicht zum Segen gereicht hat, das Er-
Fichtare dem Wünschenswerthen zu opfern. (Bravo!)
General-Debatte.
Schulje (Berlin VI, früher Delitzsch)’):
Meine Herren, wenn ich zur Begründung des präjudiziellen Antrags,
den ich und meine Freunde gestellt haben, das Wort ergreife, so ist es meine
Aufgabe, ihn von zwei sehr verschiedenen Standpunkten aus zu rechtfertigen
un darzulegen, daß er zwei an sich sehr verschiedenen Anschauungen zum
Ausdruck m verhelfen bestimmt ist. Die Ueberzeugung derjenigen Mitglieder
ren uns, die in der Sitzung vom 21. Juli dieses Jahres gegen die Man-
datererlängerung waren, die aber, als das Majoritätsvotum gegen sie ge-
fallen war, Ihnen erklärten, daß sie sich dem fügend die Verantwortlichkeit,
mit Ihnen weiter zu tagen, übernehmen wollten, drängte uns von einer Seite
sur Stellung dieses Antrages. Ich glaube, die Majorität derer, die diese
Mandatsverlängerung beschlossen haben, hat ganz gewiß keine andere Vor-
aussetzung dabei gebabt, als die Dringlichkeit der Lage, die Berücksichtigung
ker Simation, die durch einen Krieg, dessen Erentualitäten in jenen Tagen
in keiner Weise zu übersehen waren, an uns herantrat. Meine Herren, wir
baben diese Voraussetzung, die, wic wir fest glauben, Ihr Votum bediugte, wir
baben unsere Verheißungen, uns diesem zu fügen, im vollsten Sinne wahr
gemacht. Obgleich die Situation eine andere geworden ist, Dank unserer
Kriegführung und den glorreichen Kämpfen unserer tapferen Heere, obgleich
Wahlen sehr wohl möglich gewesen wären, haben wir, als es galt, der wei-
teren Kriegführung die Mittel zu bewilligen, es für unsere Pflicht gehalten,
dem Auslande, dem kämpfenden Feinde gegenüber offenkundig darzulegen, daß
in diesem Punkte von irgend welchen Zweifeln oder von Bedenken, auch von
an sich berechtigten Bedenken, keine Rede sein könne in unserem Volke. Wir
waren durch die Regierung einmal in die Lage gebracht, man hatte die
Wablen nicht angeordnet, die Mittel thaten noth, sie waren in dem Augen-
blick Bedürfniß der Kriegführung, und wir haben sie mit Ihnen bewilligt.
Aber, meine Herren, eine andere Stellung nehmen wir ein, wenn es gilt,
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*) St. B. S. 71 l. m. „Der von Duncker und 14 Genofsen, darunter der Redner,
Maerzeichucte, am 2. Dezember 1870 eingereichte Präju dical-Antrag lautete wört-
lich: Der Reichstag wolle beschließen: „die verbündeten Regicrungen aufzuferdern, dic-
senigen Schritte zu thun, welche den süddeutschen Regierungen und verfassungsmäßig dem
Keichstage des Norddeutschen Bundes gegenüber erforderlich find. um die deutsche
Verfassung einem nach den Wahlgesetzen zum JZollparlament sewäbl-
tes, gemeinsamen Reichstage zur Vereinbarung mit den deutschen Re-
dierungen vorzulegen.“ Drucks. Nr. 19.