Generaldebatte. Lasker. 171
haben soll. Nur beschränkt gemeinsam hat Baiern die Gesetzgebung über
Pest= und Telegraphenwesen, worüber der Wortlaut abweicht von dem würtem-
bergischen Vertrage, und es den Anschein haben kann, daß Baiern Anderes
sich habe ausbedingen wollen als Würtemberg, während heute der Herr
Staatsminister Delbrück erläutert hat, daß für Würtemberg und Baiern das-
selbe gemeint sei. In sehr beschränktem Maße gemeinsam ist die Gesetzgebung
über das Eisenbahnwesen. Unter der erschwerenden Klausel eines freien
Vetos steht die Gesetzgebung über die Versicherung von Immobilien. Bei-
nabe von dem freien Willen der baierischen Regierung abhängig ist das Ver-
srrechen einer anzustrebenden Uebereinstimmung in der äußeren Einrichtung
der Armee. Beschränkt gemeinsam und theilweise selbstständig ist die Ver-
waltung des Festungswesens, in welchem Baiern sich eine besondere Stellung
ausbedungen hat, über welche wir uns in der Spezialdebatte näher werden
rerständigen müssen. Als besondere Auszeichnung behält sich Baiern einen
gewissen Theil des Gesandtschaftsrechtes vor. Mit mehr Inhalt bedingt es
sich eine erimirte Stellung im Festungswesen; mit noch wichtigerem Inhalt
eine sehr abweichende Stellung in Betreff der gemeinsamen Armee. Es
empfängt endlich einige Ehrenrechte von bloß formalem Werth, wie z. B.
Preußen zu vertreten, wenn dieses nicht selbst den Vorsitz im Bundesrathe
führt, so daß aus der bisher üblichen Methode, an Sachsen den Vorsitz ab-
zutrrien, jetzt eine gesetzliche Norm zu Gunsten Baierns sich entwickelt. In
gleicher Weise, meine Herren, bitte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die gemein-
samen Angelegenheiten zu lenken. Mit dem übrigen Bunde hat Baiern ge-
meinsam das Indigenat der Bundesverfassung, unvollkommen allerdings, wie
es in der Bundesverfassung dargestellt ist, aber ohne jeden Abzug und voll-
ständig so, wie die übrigen Bundesglieder. Es hat ferner gemeinsam die
gesammte Gesetzgebung des Artikel 4 mit Abzug der Beschränkumgen, welche
ich eben erwähnt habe; die Militärgesetzgebung, das Recht der Steuergesetz-
gebung mit alleinigem Ausschluß der Bier= und Branntweinsteuer, das Zoll-
gebiet mit den Zolleinnahmen und Unkosten, die Vertretung nach Außen,
das Konsulatswesen, Krieg und Frieden, den Abschluß von Verträgen und
Bündnissen, den gesammten Verkehr mit dem Auslande. Ferner gemeinsam
hat Baiern mit dem gesammten Bund die Marine, sowohl die Kriegsflotte
wie auch den Schutz der Handeleflotte; die Armee unter selbstständiger Ver-
waltung, dann die Heeresfolge im Kriege und auch die Heeresfolge im Frie-
den zum Zweck des Krieges. Es hat gemeinsam die Schlichtung von Strei-
tigkeiten zwischen Bundesstaaten und der Verfassungsstreitigkeiten innerhalb
eines Bundesstaates, den Schutz gegen die Justizrerweigerung. Gemeinsam
ist die Aufsicht über die Wirksamkeit und die Beachtung der Bundesnormen,
find die Bundesbeamten und alle Organisationen, wie sie gegenwärtig bereits
eingeführt find zur Verwaltung und zur Uebung des Aufsichtsrechts, sowie
alle diejenigen Organisationen, welche zu diesem Zwecke in Zukunft noch
wothwendig sein werden. Es hat ferner gemeinsam den Reichstag und den