Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

656 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
werden müssen, und man hätte ihm doch von seinem Gehalte nicht abziehen 
können, was er verausgabt hat. Gehen wir also in dieser Beziehung nicht 
hinaus über das, was Rechtens ist, und vermischen wir nicht die That- 
sache, die vielleicht kommen kann, mit dem Rechte. Ze nachdem dic 
Zeitverhälmisse sich gestalten, je nachdem die Volksrechte sich entwickeln, wird 
es auch kein Minister wagen, ohne daß er vorher mit der Volksvertretung 
in Uebereinstimmung gekommen ist, über die Gesetze hinwegzuschreiten. — So 
ist die Auffassung, wie sie die Gesetze geben und so ist sie geworden im 
Norddeutschen Reichstage, weil man das Budgetrecht nicht aufgeben wollte. 
So aber ist es auch anerkannt worden, später vom Grafen Bismark selbst 
im Jahre 1868. In der Sitzung vom 6. April des Norddeutschen Reichs- 
tages hat der Abgcordnete Waldeck die Diätenfrage in Anregung gebracht. 
Das war ein Jahr, nachdem der constituirende Neichstag die Verfassung 
festgestellt hatte. Bei dieser Gelegeuheit nun hat der Bumdeskanzler Graf 
Biemarck folgende Acußerung gethan: „Was für einen Eindruck würde es 
Ihnen machen, wenn die Regierungen jetzt Anträge auf Verfassungsänderung, 
Anträge im Sinne einer Verstärkung der Regienugsmacht stellen würden 
und (— merken Sie —) wenn wir (sagt Bismarck) jetzt etwa den An- 
trag stellen wollten, die Zahl der Jahre zu vergrößern, für die 
das eiserne Militärbudget bewilligt worden ist.“ Ei, das, dächte 
ich, ist doch deutlich die Anerkennung des Bundeskanzlers, daß das eiserne 
Militärbudget nicht für ewige Zeiten, sondern nur für jene Jahre bewilligt 
worden ist, einschließlich des Jahres 1871, für welche es in der Verfassung 
vorgesehen ist, — „wenn wir (sagt er) die Zahl der Jahre ver größern woll- 
ten, für welche Sie das eiserne Militärbudget anerkannt haben". Das ist 
doch die deutlichste Anerkennung, die der Bundeskanzler selbst ein Jahr nach 
dem Entstehen der Verfassung der Rammer gegenüber gemacht hat, daß 
nicht für ewige Zeiten und nicht für immer sondern nur für die frag- 
lichen Jahre das eiserne Militärbudget bewilligt worden ist. Wenn wir, 
meine Herren, nicht in Süddeutschland wären, so hätte es aller dieser Aus- 
führungen nicht gebraucht. Im Norden weiß man die Sache nicht anders. 
Man hat dort die Kämpfe mit einander durchgelebt und hat, wie Lasker 
sagt, wie Forckenbeck sagt, wie Schulze sagt und Alle mit einander, — man hat 
lieber die ganze Nordbundsrerfassung mit dem Nordbunde in die Schanze 
schlagen wollen, als daß man sich das Recht der Bestimmung der Ausgaben 
für das Militärbudget für ewige Zeiten hätte nehmen lassen wollen. Das 
ist ja der Haupikampf gewesen, und dieser wird bei uns fort und fom igno- 
rirt, ignorirt in einer Weise, daß es kanm begreiflich ist, wie man Dinge, 
über die man doch sich so wesentlich schlecht infommirt hat, mit so großer 
Sicherheit — doch ich habe mir ja vorgenommen, nicht zu reizen. Das 
Alles gilt von der Nord bundsverfassung. Aber für uns in Baiern — und 
selbst wenn Sie sagen würden, mit Alinen 2 Artikel 5, daß das Friedeus- 
präsenzgesetz nach dem Veto der Krone Preußen fortwirken müsse, und wenn
	        
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