Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

1116 Abschnitt XXII. Eisenbahn-Gesetz. 
a) der Staat bezahlt an die Gesellschaft den fünf und zwanzigfachen 
Betrag derjenigen jährlichen Dividende, welche an sämmtliche Aktionäre 
im Durchschnitt der letzten fünf Jahre ausbezahlt worden ist. 
b) Die Schulden der Gesellschaft werden ebenfalls vom Staate über- 
nommen und in gleicher Weise wie dieses der Gesellschaft obgelegen 
haben würde, aus der Staatskasse berichtigt, wogegen auch alle etwa 
vorhandenen Aktiv-Forderungen auf die Staatskasse übergehen. 
Tc) Gegen Erfüllung obiger Bedingungen geht nicht nur das Eigenthum 
der Bahn und des zur Transport-Unternehmung gehörigen In- 
ventariums sammt allem Zubehör auf den Staat über, sondern es 
wird demselben auch der von der Gesellschaft angesammelte Reserve- 
fonds mit übereignet. · 
d) Bis dahin, wo die Auseinandersetzung mit der Gesellschaft nach vor— 
stehenden Grundsätzen regulirt, die Einlösung der Aktien und die 
Uebernahme der Schulden erfolgt ist, verbleibt die Gesellschaft im 
Besitze und in der Benutzung der Bahn. 
§. 43. Für Kriegsbeschädigungen und Demolirungen, es mögen solche vom 
Feinde ausgehen oder im Interesse der Landesvertheidigung veranlaßt werden, 
kann die Gesellschaft vom Staat einen Ersatz nicht in Anspruch nehmen. 
§. 44. Die Anlage einer zweiten Eisenbahn durch andere Unternehmer, 
welche neben der ersten in gleicher Richtung auf dieselben Orte mit Berührung 
derselben Hauptpunkte fortlaufen würde, soll binnen einem Zeitraum von dreißig 
Jahren nach Eröffnung der Bahn nicht zugelassen werden, anderweite Ver- 
besserungen der Kommunikation zwischen diesen Orten und in derselben Richtung 
sind jedoch hierdurch nicht beschränkt ½0. 
§. 45. Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach der Bestimmung des Ministers 
der öffentlichen Arbeiten, den Anschluß) anderer Eisenbahn-Unternehmungen 
an ihre Bahn, es möge die beabsichtigte neue Bahn in einer Fortsetzung oder 
in einer Seitenverbindung bestehen, geschehen zu lassen und der sich anschließen- 
den Gesellschaft den eigenen Transportbetrieb auf der früher angelegten Bahn, 
auch vor Ablauf des im §. 26 gedachten Zeitraums, zu gestatten. Sie muß 
sich gefallen lassen, daß die zu diesem Behuf erforderlichen baulichen Ein- 
richtungen, z. B. die Anlage eines zweiten Geleises, von der sich anschließenden 
Gesellschaft bewirkt werden. Der Minister der öffkentlichen Arbeiten wird 
hierüber, so wie über die Verhältnisse beider Unternehmungen zu einander, und 
besonders wegen der vor Ablauf der ersten drei Jahre (§. 26) statt des Bahn- 
geldes zu entrichtenden Vergütung, das Nöthige bei der Konzession des An- 
schlusses festsetzen. 
§. 46. Zur Ausübung des Ausfsichtsrechts des Staates über das Unter- 
nehmen wird, nach Ertheilung Unserer Genehmigung (G. 1), ein beständiger 
) Abgeändert durch Art. 41, 44 der Reichsverfassung. 
*) Hinsichtlich der für industrielle, bergbauliche oder ähnliche Zwecke bestimmten 
Privatgeleise, welche an eine dem öffentlichen Verkehr dienende Eisenbahn ange- 
schlossen sind, tritt die Mitwirkung der Eisenbahn-Auffichtsbehörden, abgesehen von 
der Prüfung und Genehmigung des Projektes für den Anschluß, nur dann ein, wenn 
die betreffenden Privatgeleise mit dem Betriebsmaterial der anuschließenden Hauptbahn 
befahren werden sollen. In diesem Falle unterliegt das Bauprojekt der Prüfung und 
Genehmigung der Eisenbahn-Aufsichtsbehörde, deren Genehmigung auch nach Vollendung 
des Baues zur Inbetriebnahme der Geleise erforderlich ist. Selbstverständlich wird 
die Zuziehung der Landes-Polizeibehörden und bei Bergwerksbahnen der Bergbehörden 
hierdurch nicht ausgeschlossen. Die polizeiliche Beaufsichtigung des Baues und Be- 
triebes solcher Privatgeleise erfolgt dagegen durch die zuständigen Landespolizei- und 
bezw. Bergwerksbehörden ohne Mitwirkung der Eisenbahn-Aufsichtsbehörde. Seitens 
der ersteren sind jedoch diejenigen Bestimmungen, welche bei Festsetzung des Bau- 
projektes Seitens der Eisenbahn--Aufsichtsbehörden für nothwendig erachtet sind, bei 
der Beaufsichtigung des Betriebes sowohl wie des Baues dieser Geleise unbedingt zu 
beachten, Res. 20. Aug. 1875 (M. Bl. S. 189). Bergl. Art. 41 Abs. 2 der Reichs- 
verfassung. 
 
	        
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