Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XXII. Betriebsordnung. 1121 
§. 56. Das Hinüberschaffen von Pflügen und Eggen, sowie von Baumstämmen 
und anderen schweren Gegenständen über die Bahn darf, sofern solche nicht getragen 
werden, nur auf Wagen oder untergelegten Schleifen erfolgen. 
§. 57. 1. Für das Betreten der Bahn und der dazu gehörigen Anlagen durch 
Vieh bleibt derjenige verantwortlich, welchem die Aufsicht über dasselbe obliegt. 2. Das 
Treiben von größeren Viehheerden über die Bahnübergänge ist innerhalb zehn Minuten 
vor dem erwarteten Eintreffen eines Zuges nicht mehr gestattet. 
§. 58. Privatübergänge dürfen nur von deu Berechtigten unter den von der 
Aufsichtsbehörde genehmigten Bedingungen benutzt werden. 
§. 59. So lange die Uebergänge geschlossen sind, müssen Fuhrwerke, Reiter, 
Treiber von Viehheerden und Führer von Lastthieren bei den aufgestellten Warnungs- 
tafeln halten. Das Gleiche gilt, sobald die Glocken an den mit Zugschranken ver- 
sehenen Uebergängen ertönen. Fußgänger dürfen sich den geschlossenen Schranken 
nähern, dieselben aber nicht öffnen. 
§. 601). Jede Beschädigung der Bahn und der dazu gehörigen Anlagen, mit Ein- 
schluß der Telegraphen, sowie der Betriebsmittel nebst Zubehör, ingleichen das Auf- 
legen von Steinen, Holz oder sonstigen Sachen auf das Planum, oder das Anbringen 
sonstiger Fahrhindernisse ist verboten, ebenso die Erregung falschen Alarms, die Nach- 
ahmung von Signalen, die Verstellung von Ausweichevorrichtungen und überhaupt 
die Vornahme aller, den Betrieb störenden Handlungen. 
§. 61. 1. Solange ein Zug sich in Bewegung befindet, ist das Ein= und Aus- 
steigen und der Bersuch dazu, sowie das eigenmächtige Oeffnen der an den Langseiten 
der Wagen befindlichen Thüren verboten. 2. Es ist untersagt, Gegenstände, durch 
welche Personen oder Sachen beschädigt werden können, während der Fahrt aus dem 
Wagen zu werfen?). 
§s. 62. Wer den Bestimmungen der 8§. 53 bis 61 und den nachfolgenden 
Bestimmungen der Berkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands zuwiderhandelt, 
welche also lauten: 
„Feuergefährliche sowie andere Gegenstände, die auf irgend eine Weise 
Schaden verursachen können, insbesondere geladene Gewehre, Schießpulver, 
leicht entzündbare Stoffe und dergleichen sind von der Mitnahme ausgeschlossen. 
Die Eisenbahnbediensteten find berechtigt, sich von der Beschaffenheit der mit- 
genommenen Gegenstände zu überzeugen. 
Jägern und im öffentlichen Dienste stehenden Personen ist die Mitführung 
von Handmunition gestattet" 
wird mit einer Geldstrafe bis zu einhundert Mark bestraft, sofern nicht nach den all- 
gemeinen Strafbestimmungen eine härtere Strafe verwirkt ists). 
§. 63. 1. Die Bahnpolizeibeamten sind befugt, einen Jeden vor- 
läufig festzunehmen, der auf der Uebertretung der im §. 62 gedachten Bestim- 
mungen getroffen oder unmittelbar nach der Uebertretung verfolgt wird und sich über 
seine Person nicht auszuweisen vermag Derselbe ist mit der Festnahme zu verschonen, 
wenn er eine angemessene Sicherheit bestellt. Die Sicherheit darf den Höchstbetrag 
der angedrohten Strafe nicht übersteigen. 2. Enthält die strafbare Handlung ein Ver- 
brechen oder Vergehen, so kann sich der Schuldige durch eine Sicherheitsbestellung der 
vorläufigen Festnahme nicht entziehen. 
§g. 64. 1. Der Festgenommene ist unverzüglich, sofern er nicht wieder in Freiheit 
gesetzt wird, dem Amtsrichter oder der Polizeibehörde desjenigen Bezirks, in welchem 
Zu Anmerkung 3 auf S. 1120. 
betr. Polizeibehörde die Zahl der auf den Bahnhöfen aufzustellenden öffentlichen Wagen 
nach dem Bhtrriniß des Publikums zu bestimmen, Res. 17. Aug. 1844 (Nh. A. 
6. 50 I. 112). 
) 8. 60 ist nur praktisch, soweit nicht die Fälle der §8. 243, 4, 303— 305, 
315, 316 R. Sir. G. B. vorliegen, z. B. wenn bei §. 303 der Strafantrag fehlt. 
2) Hier, auch wenn der Zug noch nicht in Bewegung ist. 
3) S. 62 enthält eine polizeiliche Bestimmung im Sinne des §. 9 Abs. 2 des 
Sprengstoffges. 9. Juni 1884 (R. G. Bl. S. 6); Erk. R. G. 10. Okt. 1895 (E. 
Krim. XXVII. 377). Härtere Strafen sind enthalten in R. Str. G. B. 88. 113, 
123, 303—305, 315—317, 366, 8, 9. 
Illing-Kautz, Handbuch I, 7. Aufl. 71
	        
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