1132 Abschnitt XXII. Kleinbahnen und Privatauschlußbahnen.
§. 9. Außer den durch die polizeilichen Rücksichten (S. 4) gebotenen Ver-
pflichtungen sind in der Genehmigung zugleich diejenigen zu bestimmen, welchen
der Unternehmer im Interesse der Landesvertheidigung 1) und der Reichs-Post-
verwaltung in Gemäßheit des §. 42 zu genügen hat.
¾l7 10. Bei der Genehmigung von Bahnen, auf welchen die Beförderung
von Gütern stattfinden soll, kann vorbehalten werden, den Unternehmer jederzeit
zur Gestattung der Einführung von Anschlußgeleisen für den Privatverkehr an-
) Bei allen für den Maschinenbetrieb eingerichteten Bahnen sind im Interesse der
Landesvertheidigung folgende Bestimmungen bei der Ertheilung der Genehmigung zu
beachten:
ch I. Geleise.
a) Es sind außer der Normalspur nur Spurweiten von 0,600, 0.750 und
1,000 m zuzulassen.
b) Sofern Querschwellenoberbau angewendet wird, soll das Mindestgewicht
der Schienen 9,5 kg auf das Meter betragen.
c) Bei einer Spurweite von 0,600 m soll der kleinste Krümmungshalbmesser
30 m betragen.
d) Die lichte Weite der Spurrinnen bei Weichen, Kreuzungen, Ueberwegen u. s. w.
soll nicht unter 0,035 m betragen.
Die Bestimmungen unter c und d gelten nicht für Straßenbahnen.
II. Rollendes Material.
a) Für Bahnen mit einer Spurweite von 0,600 m sollen Lokomotiven und
Wagen derartig gebaut sein, daß sie Krümmungen von 30 m Halbmesser anstandslos
durchfahren können.
b) Es sind nur einflanschige Räder zu verwenden.
c) Die Betriebsmittel der Bahnen mit 0,600 m Spurweite sollen centrale
Buffer in einer Höhe von 0,300 bis 0,340 m über Schienenoberkante erhalten.
d) Das Ladegewicht der Wagen, in Kilogramm ausgedrückt, soll durch 500
theilbar sein.
III. Bahnhofseinrichtungen.
Sofern die Kleinbahnen an andere Bahnen anschließen und ein Uebergang der
Wagen nicht angängig ist, sind zweckentsprechende Vorrichtungen zum Umladen her-
ustellen.
* Sofern es sich lediglich um die Erweiterung eines bestehenden Bahnunternehmens
handelt, kann die Beibehaltung der bisherigen Spurweite und des bisherigen Schienen-
gewichts für die Erweiterungsstrecke auch dann genehmigt werden, wenn beides den
Bestimmungen zu Ia und b nicht entspricht.
Falls im Uebrigen ausnahmsweise aus besonderen Gründen eine Abweichung von
den vorstehenden Bestimmungen für nothwendig erachtet werden sollte, ist an mich,
den Minister der öffentlichen Arbeiten, behufs der im Einverständniß mit dem Herrn
Kriegs-Minister zu treffenden Entscheidung Bericht zu erstatten.
Bezüglich aller Kleinbahnen, welche ganz oder theilweise in Kreisen, welche an
einen nicht zum Deutschen Reich gehörigen Staat grenzen, oder in einem Gelände,
welches seiner besonderen, militärischen Bedeutung wegen den Grenzkreisen gleich-
zustellen ist, liegen, ist vor Ertheilung der Genehmigung dem Herrn Kriegs-Minister
durch Vermittelung der General-Kommandos Anzeige zu erstatten. Der Anzeige ist
bei einer für den Betrieb mit Maschinenkraft einzurichtenden Bahn der Bauplan, im
übrigen nebst den für das Unternehmen wichtigsten thatsächlichen Angaben ein Lage-
plan beizufügen. »
Falls ausnahmsweise die für die Genehmigung zuständige Behörde den im
Interesse der Landesvertheidigung gestellten Forderungen bei der Beschlußfassung über
den Genehmigungsantrag zu entsprechen Bedenken tragen sollte, so sind mir, dem
Minister der öffentlichen Arbeiten, die Bedenken vorzutragen.
Das Vorstehende gilt auch von wesentlichen Erweiterungen oder Aenderungen
des Unternehmens, der Anlage oder des Betriebs solcher Bahnen, Ausf. Anw.
19. Nov. 1892 (M. Bl. S. 335).