Abschnitt XXVI. Beschränkung der Nachtweide. 1265
Gesetz über die Beschränkung der Nachtweide und das Einzelhüten
des Viehes in der Mheinprovinz.
Vom 5. Juli 1844 (G. S. S. 263) 0.
§. 1. Grundstücke, welche nicht auf allen Seiten so eingeschlossen sind, da
dadurch das Austreten des Viehes verhindert wird, dürfen nur seaiag, 0P
Tageszeit zur Viehweide benutzt werden.
§. 2. Wenn das weidende Vieh nicht über Nacht im Freien in Hürden
oder anderen eingeschlossenen Räumen verbleibt, so muß dasselbe spätestens eine
Stunde nach Sonnenuntergang zu Stalle gebracht sein, und darf nicht früher
als eine Stunde vor Sonnenaufgang ausgetrieben werden.
§. 3. Verbleibt das Vieh über Nacht im Freien in Hürden oder anderen
geschlossenen Räumen, so darf es nicht vor Sonnenaufgang auf die Weide ge-
bracht werden, und muß bei Sonnenuntergang wieder eingetrieben sein.
§. 4. Für Gemarkungen, in denen die Nachtweide auf geschlossenen Grund-
stücken bisher üblich gewesen und nicht zu entbehren ist, können die Regierungen
auf den Antrag des Gemeinderaths und nach Anhörung der Kreisstände aus-
nahmsweise gestatten, daß in den Monaten August, September und Oktober
dasjenige Vieh, welches bei Tage zum Gespann gebraucht wird, während der
Nachtzeit auch auf ungeschlossenen rundstücken gehütet werde.
Die Regierung hat zugleich in jedem solchen Falle die zum Schutze gegen
Beschädigungen und Mißbräuche erforderlichen Anordnungen zu treffen.
§. 5. Wer den Bestimmungen der §§. 1, 2 und 3 oder den im Falle des
§. 4 von der Regierung getroffenen Anordnungen zuwiderhandelt, haftet für
den daraus entstehenden Schaden und wird mit einer Polizeistrafe von zehn
Silbergroschen bis zu fünf Thalern belegt.
§. 6. Wer sich, nach erfolgter Verurtheilung wegen eines dieser Vergehen
nochmals desselben oder eines anderen im §. 5 bezeichneten Vergehens schuldig
macht, hat eine Geldbuße von zwanzig Silbergroschen bis zu zehn Thalern
verwirkt, welche bei ferneren Rückfällen verdoppelt wird.
§. 7. Eltern und Dienstherrschaften haften für die Geldbußen, Entschädi-
gungen und Kosten, zu deren Zahlung ihre im elterlichen Hause sich aufhaltenden
Kinder und ihre Dienstleute verurtheilt worden sind.
§. 8. Ist im Falle des §. 4 die Nachtweide ausnahmsweise gestattet
worden, so haftet der Eigenthümer des Viehes für allen durch dasselbe ange-
richteten Schaden auch dann, wenn die zum Schutze gegen Beschädigungen und
Mißbräuche getroffenen Anordnungen befolgt worden sind.
§. 9. Wo das Einzelhüten auf ungeschlossenen Grundstücken bisher zulässig
gewesen ist, bleibt es auch auf diesen Grundstücken, jedoch nur zur Tageszeit
(56. 1—3), ferner gestattet.
§. 10. Die Regierungen sind befugt, auf den Vorschlag der Polizeibehörden
über das bei dem Einzelhüten auf geschlossenen und ungeschlossenen Grund-
stücken, zur Vermeidung von Mißbräuchen, zu beobachtende Verfahren Lokal--
Polizeiverordnungen zu erlassen, und in denselben gegen Uebertretungen die in
den §§. 5—8 bestimmten Folgen festzusetzen.
1) Nach §. 96 Abs. 3 Feld= und Forstpolizeiges. behalten die früheren Vorschriften
über die Auslbung der Nachtweide, des Einzelhütens, sowie der Weide der Gemeinde-
und Genossenschaftsheerden so lange Geltung, bis diese Ausübung durch Polizeiverordn.
gemäß §. 13 a. a. O. geregelt ist. Vergl. außer der Feldpolizeiordn. 1. Nov. 1847
zs. 27 ff. Hannov. Polizeistrafges. 25. Mai 1847 ss. 245, 246; Kurf. Hess. Vd.
18. Okt. 1828 über das Hirtenwesen und Nass. Feldfrevelges. 19. Febr. 1863 Sg. 14,
23—25.