1266 Abschnitt XXVI. Rural-Gesetz.
Rhein. Rural-Gesetz.
Vom 28. Sept. — 6. Okt. 1791 (von Dan. II. 155).
Titel I. Von den Feldgütern und der Feldordnung.
Abschnitt IV. Von den Heerden, den Einschließungen, von der
Koppelweide (parcours) und der Stoppelweide (vaine päture).
Art. 1. Jedem Land-Eigenthümer steht frei, so viel und welcherlei Vieh
er zum Bauen und Benutzen seiner Ländereien für nützlich erachtet, auf den-
selben zu halten, und ausschließlich darauf weiden zu lassen, doch mit Vorbehalt
desjenigen, was unten in Betreff der Koppel= und der Stoppelweide wird ver-
ordnet werden. Z " Z„ "
Art. 2. Die wechselseitige Dienstbarkeit zwischen Kirchspielen, die unter dem
Namen Koppelweide bekannt ist und das Recht der Stoppelweide mit sich bringt,
soll einstweilen, mit dem, in gegenwärtigem Abschnitte festgesetzten, Einschränkungen
ferner fortdauern, wenn diese Dienstbarkeit sich auf einen Rechtstitel oder auf
einen, durch die Gesetze und Landesgebräuche autorisirten Besitz gründet; in allen
anderen Hinsichten aber ist sie abgeschafft. #
Art. 3. Das Recht der Stoppelweide !) (vaine päture) in einem Kirchspiel,
es mag nun mit der Dienstbarkeit der Koppelweide begleitet sein oder nicht,
1) Das Ruralges. 28. Sept. 1791 bezweckte hauptsächlich, diejenige öde Viehtrift,
die auf einer stillschweigend eingegangenen Gesellschaft oder auf einer bloßen Toleranz
beruhte, aufzuheben. — Nur die wechselseitige öde Viehtrift zwischen 2 Kirch-
spielen wird durch Art. 2 abgeschafft, insofern sie sich nicht auf einen Titel oder auf
einen durch die Gesetze und Gewohnheiten autorisirten Brauch gegründet. Das ein-
seitige, kraft eines besonderen Servitutrechtes bestehende Weiderecht der einen Ge-
meinde auf der Feldflur der anderen wird durch das Ruralgesetz nicht berührt, Erk.
Rh. A. G. H. 24. Juni 1850 (Rh. A. XIV. 125).
Art. 3 ließ die nicht auf einem Titel beruhende Stoppelweide nur an solchen
Orten bestehen, wo sie zur Zeit der Publikation jenes Gesetzes bereits in Folge un-
vordenklichen Ortsgebrauches ausgeübt worden war, Erk. Rh. A. G. H. 4. Dez. 1860
(das. LV. 1. 227). 6
Die Stoppelweide ist keine Servitut, sondern eine Communion, Erk. Kgl. Rev.
H. 4. Mai 1846 (Rh. A. XL. II. 53); vergl. Erk. Rh. A. G. H. 15. Juli 1844
(das. XL. 205).
Die Stoppel= und Koppelweide zwischen Gemeinden ist durch das Ruralges.
nur insofern beibehalten, als sie gegenseitlich auf dem ganzen Baune der Gemeinde
ausgeübt wird. Ein Präfekturrathsbeschluß, der über das Fortbestehen einer solchen
Weide ergangen, wollte und konnte nur den bestehenden thatsächlichen Zustand auf-
rechterhalten, Erk. Rh. A. G. H. 9. Juli 1846 (Rh. A. Xl. I. 204).
Wer die Ausübung der Stoppelweide, vermöge eines unvordenklichen Ortsge-
brauches in Anspruch nimmt, braucht bloß zu beweisen, daß solcher zur Zeit der
Störung bestanden: es ist nicht erforderlich darzuthun, daß dieser Ortsgebrauch schon
zur Zeit des Ruralges. ein unvordenklicher war, Erk. Rh. A. G. H. 3. April 1842
(Rh. A. XXXV. 1. 66.)
Die Klage eines zur Stoppelweide berechtigten Einwohners in Betreff dieses
Gerechtsames ist wider die Gemeinde als solche, repräsenrirt durch ihren Bürgermeister
zu richten. Die Befugniß zur Stoppelweide kann für sich allein auf Dritte nicht
übertragen werden. Ee ist gleichgültig, ob das von einem Einwohner nach Verhältniß
seines Grundbesitzes ausgetriebene Vieh in eigenem oder fremdem, welches er ange-
pachtet hat, besteht, Erk. Rh. A. G. H. 22. Aug. 1842 (Rh. A. XXXIV. 1).
Das Recht des öden Weidgangs (paine päture) innerhalb der Gemeinde,
sofern es nicht auf einem besonderen Titel beruht, kann unter Umständen durch Ge-
meinderathsbeschluß aufgehoben werden. Das öde Weidgangsrecht, welches mehreren
Gemeinden wechselseitig auf ihren Gebieten zusteht (Koppelweide Parcours) ist
ohne Entschädigung aufgehoben. Vergl. §. 5 Gemeinheitstheilungs-Ord. 19. Mar
1851 (G. S. S. 371).