1270 Abschnitt XXVI. Rentengüter.
gebracht werden. Von einer solchen Gemeindesteuer sind diejenigen Viehbesitzer
bezw. Genossenschaftsmitglieder befreit, deren eigene Bullenhaltung nach dem
im 8. 1 angegebenen Maßstabe für ihren Viehstand genügt. Die Bestätigung
von Gemeindebeschlüssen, durch welche eine solche Gemeindesteuer neu eingeführt
oder in ihren Grundsätzen verändert werden soll, bedarf der Zustimmung des
Ministers des Innern und des Finanzministers nicht.
Beschließt die Gemeindevertretung weder in dem einen, noch in dem an-
deren Sinne, so sind die Kosten als allgemeine Gemeindelasten aufzubringen.
§. 4. Mit Genehmigung des Kreisausschusses kann eine Gemeinde sich mit
einer oder mehreren benachbarten Gemeinden zu einem Bullenhaltungsverbande
vereinigen. Geschieht dies, so kommen die Bestimmungen des §. 1 dieses Ge-
setzes sinngemäß zur Anwendung.
Eine solche Vereinigung kann durch Beschluß des Kreisausschusses ange-
ordnet werden, wenn eine oder mehrere Gemeinden für sich allein außer Stande
sind, den Vorschriften dieses Gesetzes zu entsprechen.
§. 5. Der Kreisausschuß kann einzelne Gemeinden, in welchen wegen ihrer
besonderen wirthschaftlichen Verhältnisse ein Bedürfniß zur Ausführung dieses
Gesetzes überhaupt nicht oder nur in geringem Umfange besteht, von den Vor-
schriften dieses Gesetzes ganz oder theilweise entbinden.
Gegen den Beschluß des Kreisausschusses ist Beschwerde an den Provin=
zialrath zulässig.
§. 6. Die bestehenden besonderen Verpflichtungen zur Bullenhaltung bleiben
durch dieses Gesetz unberührt.
§. 7. Dies Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1891 in Kraft.
Gesetz über Rentengüter.
Vom 27. Juni 1890 (G. S. S. 209)70.
§. 1. Die eigenthümliche Uebertragung eines Grundstücks gegen Ueber-
nahme einer festen Geldrente (Rentengut), deren Ablösbarkeit von der Zustim-
mung beider Theile abhängig gemacht wird, ist zulässig?).
Die Feststellung des Ablösungsbetrages und der Kündigungsfrist bleibt der
vertragsmäßigen Bestimmung überlassen. Von dem Rentenberechtigten darf
jedoch ein höherer Ablösungsbetrag als der fünfundzwanzigfache Betrag der
Rente nicht gefordert werden, wenn die Ablösung auf seinen Antrag erfolgt.
Bei der Eintragung der Rente in das Grundbuch müssen die Abreden über
den Ausschluß der Ablösbarkeit, sowie über die Feststellung des Ablösungs-
betrages und der Kündigungsfrist in das Grundbuch eingetragen werden. Ist
dies nicht geschehen, so gilt Dritten gegenüber die das Grundstück belastende
Rente als eine solche, welche von dem Verpflichteten nach sechsmonatlicher
Kündigung mit dem zwanzigsachen Betrage abgelöst werden kann.
Das Rentengut muß frei von den Hypotheken= und Grundschulden des
Grundstücks, von dem es abgetrennt wird, begründet werden.
Auf die Veräußerung zum Zwecke der Bildung von Rentengütern finden
die gesetzlichen Bestimmungen über den erleichterten Abverkauf von Grundstücken 8)
1) Kommentar von Andresen, Berliu 1892.
2) Normalentwurf zum Rentengutkaufoertrage, Res. 14. Nov. 1890 (M. Bl.
S. 264). Vergl. übrigens Ansiedelungsges. 26. April 1886 (G. S. S. 131) 8§8. 3—7.
61) Ges. 3. März 1850 (G. S. S. 145) und 27. Juni 1860 (G. S. S. 384).
Verkauf oder Tausch möglich ohne Einwilligung der Realberechtigten gegen eine Un-
schädlichkeitsbescheinigung der Auseinandersetzungsbehörde, bei landschaftlich beliehenen
Gütern der Kreditdirektion. Die Kaufgelder sind in diesem Falle ebenso in das Haupt-
gut zu verwenden, wie die Ablösungskopitalien.
Ges. 15. Juli 1890 (G. S. S. 226): Zu öffentlichen Zwecken ist bei eut-
sprechender Werthserhöhung des Hauptgutes gegen solche Bescheinigung auch die un-
entgeltliche Abtretung einzelner Theilstücke ohne diese Einwilligung zulässig.